Auszug - Antrag der Kreistagsfraktion Die Linke vom 27.11.2006 (Eingang 27.11.2006); "Einführung eines Jedermannkonto"
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Wortprotokoll Beschluss Abstimmungsergebnis |
Diskussionsverlauf:
Zur Begründung des Antrages führt KTA Stoll aus, dass
das Jedermannkonto bereits 1996 in Deutschland vom Zentralen Kreditausschuss
der Banken als freiwillige Selbstverpflichtung der Banken definiert worden sei.
Es handele sich hierbei um ein Girokonto auf Guthabenbasis, das keine
Überziehung zulasse. Zweck der Selbstverpflichtung sei gewesen ein vom
Gesetzgeber geplantes allgemeines Recht für Jedermann auf ein Girokonto dadurch
zu verhindern, dass die Banken dafür eine Regelung in Selbstverwaltung
einrichten. Das Kreditinstitut sei nicht verpflichtet ein Girokonto für
Antragsteller zu führen, wenn dieses nachweislich unzumutbar sei. Durch das
Jedermannkonto solle auch denen ein Girokonto garantiert werden, denen durch
Kontopfändung oder Schufa-Eintragung die Einrichtung eines neuen Girokonto
verwehrt worden oder das bisherige gekündigt worden sei. Auch die
Bundesregierung habe sich mit der Angelegenheit befasst und festgestellt, dass
sich die Empfehlung in der Praxis nicht in dem gewünschten Umfang bewährt habe.
Der Vorschlag würde nicht angemessen zur Problemlösung beitragen. Der
Finanzausschuss des Bundestages habe im November eine öffentliche Anhörung zum
Thema durchgeführt, bei der es auch um die Frage einer gesetzlich verbindlichen
Regelung zum Jedermannkonto ging. Untersuchungen hätten gezeigt, dass alleine
in Hamburg innerhalb von einigen Monaten 400 unbegründete Fälle einer
Verweigerung eingegangen seien. Derartige Fälle seien auch in Lüneburg bekannt.
Auf Nachfrage habe die Sparkasse Lüneburg erklärt, dass sie ein Jedermannkonto
allgemein bereithalte und gegen eine Gebühr von 48 EUR pro Jahr anbiete. Es
werde jedoch nicht beworben und sei auch nicht auf der Internetpräsenz zu
finden. KTA Stoll sagt, der Kreistag könne als höchstes Organ der kommunalen
Selbstverwaltung durch den Einfluss im Sparkassenzweckverband und im
Verwaltungsrat der Sparkasse auf deren Geschäftspolitik einwirken. Darüber
hinaus seien Sparkassen wirtschaftlich selbstständige Unternehmen in kommunaler
Trägerschaft mit der Aufgabe die angemessene und ausreichende Versorgung aller
Bevölkerungskreise und insbesondere des Mittelstandes mit geld- und
kreditwirtschaftlichen Leistungen in der Fläche sicherzustellen. So sehe es das
Niedersächsische Sparkassengesetz vor. Ein Girokonto sei heute für die
Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr unabdingbar. Gerade für Geringverdiener
und Bezieher von sozialen Leistungen würden Kontoführungsgebühren eine nicht
unerhebliche finanzielle Belastung darstellen. Sie weist darauf hin, dass bei
der Berechnung des Arbeitslosengeldes II eine Pauschale in Höhe von 0,36 EUR
monatlich für Kontoführungsgebühren zugrunde gelegt werde. Das preisgünstigste
Girokonto bei der Sparkasse Lüneburg kostet jedoch monatlich 4 EUR. Ein
fehlendes Girokonto stelle zudem ein absolutes Vermittlungshemmnis für Arbeitslosengeld
II – Empfänger dar. Sowohl die Bilanzsumme als auch das Geschäftsvolumen
und der Bilanzgewinn der Sparkasse sei 2005 laut Geschäftsbericht um fast 6 %
gestiegen. Mit einem Jahresüberschuss nach Steuern von 3,3 Milliarden EUR solle
ihrer Ansicht nach eine Subventionierung der Kontoführungskosten für Geringverdiener
mit einem Netto-Einkommen unter 1.000 EUR eigentlich problemlos möglich sein.
LR Nahrstedt sagt, die Sparkasse habe mitgeteilt, dass
jeder ohne Ansehen der Person bzw. der Einkünfte ein Girokonto bei der
Sparkasse einrichten könne. Gleiches gelte nach seinem Kenntnisstand auch für
die Volksbank. Ein Konto sei bei der Sparkasse bis zum 21. Lebensjahr
grundsätzlich gebührenfrei. Voraussetzung für die Kontoführung sei zumindest
bei der Sparkasse Lüneburg die Bereitschaft eine Kontoführungsgebühr in Höhe
von 4 EUR monatlich zu zahlen. Aus seiner Sicht sei dieses zumutbar.
Er weist weiter darauf hin, dass die Führung der Konten auf
Guthabenbasis erfolge. Erst wenn die Einrichtung eines Dispos verlangt werde,
erfolge eine Überprüfung. Der Vorschlag der Linken-Kreistagsfraktion bis zu
einem Einkommen von 1.000 EUR ein gebührenfreies Konto einzurichten, führe für
ihn zu einem zu großen Verwaltungsaufwand. Er schlägt daher vor, keine
Änderungen vorzunehmen und den Antrag zunächst zur weiteren Beratung an den
Sozialausschuss zu verweisen.
KTA Kaidas teilt mit, die Gruppe spreche sich für
eine Beratung des Antrages im Sozialausschuss aus. Er weist darauf hin, dass
einzelne Kreistagsmitglieder im Verwaltungsrat der Sparkasse tätig seien und
sehr verantwortlich mit ihren Entscheidungen dazu beitragen, dass die Kosten
für Sozialhilfeempfänger und Einkommensschwache Berücksichtigung finden würden.
Hinsichtlich des vorgetragenen Geschäftsergebnisses ergänzt KTA Kaidas, dass
die Sparkasse die Führung der Girokonten mit 2 Millionen EUR subventioniere.
KTA Röckseisen führt aus, es werde eine
Wettbewerbsverzerrung für die Sparkasse bedeuten, wenn der Landkreis Lüneburg sie
nur aufgrund seiner Einflussmöglichkeiten dazu nötigen würde. Sie weist darauf
hin, dass es andere Geldinstitute gebe, die kostenlose Konten anbieten würden.
KTA Venderbosch sagt, ihm sei bekannt, dass Banken
kostenlose Girokonten anbieten, allerdings nur für Personen mit einem
monatlichen Verdienst von über 1.250 EUR. Er vertritt die Auffassung, die
Sparkasse habe als öffentlich-rechtliche Anstalt eine besondere soziale
Verantwortung.
KTA Staudte verweist auf den Änderungsantrag der
Grünen – Kreistagsfraktion. Dieser schließe sich bei Punkt 1, 2 und 5 dem
Beschlussvorschlag der Linken – Kreistagsfraktion an. Punkt 3 solle wie
folgt lauten:
„3. Das Jedermannkonto ist ein Girkokonto für das
lediglich eine reduzierte Kontoführungsgebühr von 0,50 EUR erhoben wird. Jede
volljährige Person, die im Landkreis Lüneburg ihren Erstwohnsitz hat und zur
Gruppe der Hartz IV- oder Sozialhilfeempfänger zählt bzw. private Insolvenz
angemeldet hat, erhält ein solches Konto, wobei nur ein Konto pro
Bedarfsgemeinschaft nach SGB II eingerichtet wird.“
Punkt 4 des Beschlussvorschlages der Linken-Kreistagsfraktion
entfällt.
KTA Staudte sagt, der Änderungsantrag ihrer Fraktion sei ein
guter Kompromiss, sie begrüße eine Verweisung an den Sozialausschuss.
KTA Stange ergänzt, es sei wichtig, dass heutzutage
jeder über ein Girokonto verfüge, da es zum Großteil nur noch bargeldlosen
Zahlungsverkehr gebe. Sie spreche sich für eine Beratung im Sozialausschuss
aus, da sie einen Zusammenhang zur Schuldnerberatung sehe. Dieses Themenfeld
werde ebenfalls im Sozialausschuss behandelt.
Vors. Fricke lässt über die Verweisung an den
Ausschuss für Soziales und Gesundheit einschließlich des Änderungsantrages der
Grünen-Kreistagsfraktion abstimmen.
Anschließend unterbricht Vors. Fricke die Sitzung für eine
Kreisausschusssitzung.
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Beschluss:
Die Anträge werden an den Ausschuss für Soziales und Gesundheit
überwiesen.
Abstimmungsergebnis: einstimmig