Auszug - Antrag der Kreistagsfraktion von Bündnis´90/Die Grünen vom 12. März 2008; "Power-Boot Veranstaltung vom 22. bis 25. Mai 2008 zwischen Dömitz (Elbkilometer 504) und Geesthacht (Elbkilometer 584)"
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Wortprotokoll Beschluss |
Diskussionsverlauf:
Bei der Beratung zu dem Tagesordnungspunkt geht es um zwei
Aspekte:
- Verbot
eines Powerbootrennens zwischen Geesthacht und Dömitz am 24.05.2008;
- Resolution
an den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, eine
generelle Geschwindigkeitsbegrenzung für Motorsportboote auf der Elbe im
Bereich des Biosphärenreservates zu erlassen.
Als fachliche Berater tragen in der Sitzung vor:
- Herr
Steinhoff – Biosphärenreservatsverwaltung;
- Frau
Kalytta und Herr Schimm – Wasser- und Schifffahrtsamt;
- Herr
Schlemann – Kreisnaturschutzbeauftragter und Tourismusexperte.
Herr Steinhoff berichtet über die Bedeutung des
Biosphärenreservates für verschiedene Tierarten und den Tourismus. Die
Biosphärenreservatsverwaltung spricht sich für eine Geschwindigkeitsbegrenzung
aus. Durch das Befahren der Elbe mit hohen Geschwindigkeiten kommt es zu
unterschiedlichen Störungen von Tierarten, die nach der Vogelschutz- bzw.
FFH-Richtlinie streng geschützt sind. Durch den Wellenschlag schnell fahrender
Boote können Biberburgen gefährdet werden. Außerdem ist der Biber sehr
lärmempfindlich. Gleiches gilt für Seeadler, Kranich, Schwarz- und Weißstorch
und andere Vogelarten, die sich in ufernahen Bereichen aufhalten. Neben der
Gefahr, dass sich diese einen anderen Lebensraum suchen, kann es dazu kommen,
dass Rastvögel durch die Störung vermehrt auffliegen und sich anschließend
wieder auf Felder niederlassen. Dies bedeutet einen höheren Energieverlust und
führt dazu, dass die Tiere noch mehr Nahrung benötigen. Hier kann es zu
verstärkten Konflikten mit der Landwirtschaft kommen. Verschiedene Fischarten
können außerdem bei schnellen Booten unzureichend ausweichen und werden gefährdet.
Ein erhöhter Wellenschlag kann zudem den Schilfbestand am Ufer schädigen.
Neben der artenschutzrechtlichen Problematik muss aus Sicht von
Herrn Steinhoff auch die Störung von Anglern und Erholungssuchenden
berücksichtigt werden. Projekte, wie die Schaf- und Ziegenbeweidung zur
Beseitigung der Verbuschung, Altarmanbindungen und Vogelkieker werden
gefährdet, wenn es zu erheblichen Störungen durch laute Motorboote kommt. Auch
der Aspekt eines sicheren Fährverkehrs muss berücksichtigt werden.
Die Biosphärenreservatsverwaltung setzt sich für einen
naturverträglichen Bootsverkehr ein. Hierzu zählt die „Weiße
Flotte“, Ruderboote, Segelboote, Flöße, aber auch die Berufsschifffahrt. Diese
Art von Boots- bzw. Schiffsverkehr sei ausdrücklich zu begrüßen und mit den
Zielen des Biosphärenreservates vereinbar. Auf dem Elbe-Seitenkanal und im
Nationalpark Wattenmeer gäbe es im Übrigen auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung.
Als nächstes trägt Herr Schlemann vor. Durch das Verlassen der
Fahrrinne und Befahren ufernaher Bereiche zwischen den Buhnen kann es zu einer
erheblichen Störung der Fischbrut kommen. Die Brut kann angesaugt und zerstört
werden. Außerdem können auch Sedimente und damit Schadstoffe
(Dioxinproblematik) angesaugt werden und weitere Probleme mit sich bringen.
Herr Schlemann sieht in einer Powerbootveranstaltung, wie sie im Mai geplant
war, eine deutliche Konkurrenz zum sanften Tourismus, insbesondere auch zum
Fahrradtourismus. Aus Sicht der Stadt Bleckede lehnt Herr Schlemann eine
generelle Geschwindigkeitsbegrenzung für die Elbe im Bereich des
Biosphärenreservates ab. Ebenso wie bei anderen Elbstädten entwickelt sich die
Hafennutzung in Bleckede immer weiter zu einer Freizeithafennutzung. Die Häfen
würden z. B. als Durchgangshäfen für Sportbootfahrer auf dem Weg Richtung
Mecklenburg-Vorpommern genutzt. Insgesamt stehe man in einer Konkurrenz zu
Mecklenburg-Vorpommern. Dort könne z. B. die Müritz auch ohne
Sportbootführerschein befahren werden, was auf der Elbe als Bundeswasserstraße
nicht möglich ist. Den Sportbootfahrern dürfe nicht noch weiter das Interesse
am Befahren der Elbe genommen werden. Es sei zwar nicht bekannt, ob auch die
Geschwindigkeit beim Nutzungsverhalten der Sportbootfahrer eine Rolle spiele,
grundsätzlich soll aber kein potentieller Nutzer ausgeschlossen werden. Es muss
auch berücksichtigt werden, dass flussaufwärts aufgrund der Strömung oft gar
keine hohen Geschwindigkeiten erreicht werden können. Stromabwärts können
aufgrund der Strömung bestimmte Geschwindigkeiten hingegen zeitweise nicht
unterschritten werden. Aus Sicht von Herrn Schlemann sollte man nicht über eine
generelle Geschwindigkeitsbegrenzung nachdenken, sondern über
Öffentlichkeitsarbeit und andere Lenkungsmöglichkeiten.
Frau Kalytta berichtet aus Sicht der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
zunächst über das Verfahren zur Genehmigung der Powerbootveranstaltung im Mai.
Bei der Veranstaltung handelte es sich um kein Rennen, sondern um einen so
genannten „Poker-Run“, bei dem die Teilnehmer sich gegenseitig
Spielkarten übergeben sollten. Das Fahren von Höchstgeschwindigkeiten war nicht
geplant. Auf der Elbe gilt die Binnenschifffahrtstraßenordnung. Diese enthält
ähnlich der Straßenverkehrsordnung allgemeine Regelungen zum Befahren von
Bundeswasserstraßen. Im Vordergrund steht die Sicherheit und Leichtigkeit des
Schiffsverkehrs. Wenn diese gefährdet werden kann, z. B. durch eine
Veranstaltung wie den Poker-Run, ist eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Um
ein solches Verfahren handelte es sich bei der Zulassung der
Powerbootveranstaltung. In die Genehmigung wurden ausschließlich Regelungen
aufgenommen, die der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs dienen. Hierzu
zählen Regelungen über die Vermeidung von Pulkbildungen und dass kein Rennen
durchgeführt werden darf.
Aufgrund der starken Kritik von verschiedenen Seiten wurde der
Antragsteller nochmals zu einer Besprechung eingeladen. Über die nachträgliche
Aufnahme einer Geschwindigkeitsbegrenzung in die Genehmigung wurde nachgedacht.
Nach diesem Gespräch hat der Antragsteller freiwillig die Veranstaltung
abgesagt. Einen Regelungsbedarf gab es aufgrund dessen nicht mehr. Aus Sicht
von Frau Kalytta stellt sich die Frage, ob aufgrund einer einmalig geplanten
Veranstaltung, die dann auch noch zu einer nachträglichen Absage geführt hat,
gleich eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkungen angestrebt werden sollte.
Aus ihrer Sicht sollte man eher auf Freiwilligkeits- und Öffentlichkeitsarbeit
setzen. Im Übrigen sei auch die Formel Geschwindigkeit = Lärm und Wellen so
nicht richtig. Der Wellenschlag würde z. B. u. a. davon abhängen, ob es sich
bei dem Boot um einen Gleiter oder Verdränger handelt. Das allgemeine
Rücksichtnahmegebot zwinge Bootsführer ohnehin zu einer angemessenen Fahrweise.
Welches die angemessene Geschwindigkeit für die Elbe sei, ließe sich zwar nicht
ohne Weiteres festlegen, eine Geschwindigkeit von 140 km/h, wie sie von
Powerbooten erreicht werden kann, sei aber auf jeden Fall deutlich zu hoch. Regelungen
zu Geschwindigkeitsbegrenzungen auf anderen Gewässern wurden immer nur aufgrund
der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs getroffen.
Naturschutzaspekte haben hierbei keine Rolle gespielt. Es handelt sich in jedem
Fall um eine Einzelfallbetrachtung für das jeweilige Gewässer.
Wenn aus anderen als verkehrlichen Aspekten eine
Geschwindigkeitsbegrenzung erfolgen soll, also z. B. aus Naturschutzaspekten,
müsste gemeinsam von den Bundesministerien für Umwelt und Verkehr eine
einvernehmliche Verordnung erlassen werden. Dafür müsste aber auch eine
konkrete Gefahr vorliegen, die aus ihrer Sicht nicht erkennbar ist.
Im Anschluss an die Vorträge wurde über das Ziel einer
Geschwindigkeitsbegrenzung im Bereich des Biosphärenreservates diskutiert.
Verschiedene Vertreter der Gruppe CDU/Unabhängige und SPD halten es für
unangemessen, aufgrund der einmaligen Planung eines Powerbootrennens, das auch
noch abgesagt wurde, eine generelle Regelung für eine
Geschwindigkeitsbegrenzung zu fordern. Vertreter der Grüne-Fraktion sprechen
sich nach wie vor für eine Resolution aus, die eine Geschwindigkeitsbegrenzung
fordert.
Abschließend stellt der Landrat fest, dass der
Tagesordnungspunkt in den Fraktionen weiter beraten werden sollte und ggf. zu
einem späteren Zeitpunkt erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird.