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Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.

Vorlage - 2008/032  

Betreff: Frühe Hilfen im Landkreis Lüneburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Berichtsvorlage
Verantwortlich:Zenker-Bruns, Karsten
Federführend:Jugendhilfe und Sport Bearbeiter/-in: Bendler, Kerstin
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
27.10.2008 
Jugendhilfeausschuss zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt

Sachlage:

Sachlage:

Das Nds. Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, hat für vier ausgewählte Standorte (Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Lüneburg) das Modellprojekt Koordinierungszentrum Kinderschutz – Kommunales Netzwerk „Frühe Hilfen“ ins Leben gerufen. Die finanzielle Förderung des Projekts erfolgt über drei Jahre.

 

Das aufzubauende Netzwerk „Frühe Hilfen“ zielt schwerpunktmäßig auf Säuglinge und Kleinkinder (Alter 0 bis 3 Jahre), damit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Risikosituationen erkannt und Hilfestellungen zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen angeboten werden können.

 

Durch eine Verbesserung der Koordination und Vernetzung der unterschiedlichen Einrichtungen und Dienste auf lokaler Ebene soll es möglich werden, sich wirksamer als bisher um Vernachlässigung, Gefährdung und Misshandlung von Kindern zu kümmern und diese vor diesen Übergriffen zu schützen. Hierzu ist es unter anderem erforderlich, dass die Qualität und Wirksamkeit des Kindesschutzes dadurch verbessert wird, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen verbindliche, berechenbare und verlässliche Strukturen erhalten. Diese Strukturen gilt es unter Beachtung des Datenschutzes herzustellen, zu erproben und zu verfestigen.

 

Zu den Akteuren gehören neben der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe unerlässlich das Gesundheitswesen, die Justiz (zum Beispiel  Familiengerichte) und die Polizei.

 

Schulen, Kindertagesstätten, Familienbildungsstätten, Kinderschutzbund und die Träger der freien Jugendhilfe und viele andere dem Kindesschutz verpflichtete Organisationen und Dienste sind einzubinden.

 

Auch wenn die Stadt Lüneburg Träger des Projekts ist, hat sie von Anfang an den Landkreis Lüneburg in die Arbeit des Projekts integriert. So sind unter anderem auch Vertreter des Landkreises Mitglieder in dem für das Projekt zu gründenden Beirat.

 

Die Moderations- und Koordinationsarbeit beim Aufbau des Modellprojekts leisten zwei Mitarbeiter des Jugendamts der Hansestadt Lüneburg, Frau Brigitte Rieckmann und Herr Burkhard Hoferichter. Beide werden im Rahmen dieser Ausschusssitzung im Rahmen einer Präsentation den Ansatz und die Ziele des Projekts noch einmal ausführlich darstellen, die zeitliche und inhaltliche Planung erläutern und auf die bisher umgesetzten Schritte verweisen.

 

In der Sitzung vom 28.05.2008 hat der Jugendhilfeausschuss die Verwaltung beauftragt, Möglichkeiten zur Förderung und Betreuung von werdenden Müttern und Kleinkindern aus sozial benachteiligten Familien zu prüfen und ein Konzept zu entwickeln (siehe Vorlage Nr. 2008/086).

 

Die Verwaltung versteht die im Folgenden gemachten Ausführungen als Zwischenbericht und Information des Ausschusses über die zurzeit laufenden Aktivitäten in Landkreis und Hansestadt Lüneburg zu dem genannten Thema.

 

Das Ziel der Verwaltung ist es, möglichst die gemeinsame Arbeit im Beirat zum Koordinierungszentrum zu nutzen, die verschiedenen Aktivitäten miteinander zu verknüpfen und zu koordinieren. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund sinnvoll, da zurzeit von verschiedenen Trägern mit verschiedenen Finanzierungsmodellen Aktivitäten in dem Bereich Frühe Hilfen erfolgen oder geplant sind. Der Verwaltung sind zurzeit folgende Angebote und Projekte bekannt:

 

Wellcome
Wellcome wird vom Diakonieverband Lüneburg in zwei Standorten (Stadt Lüneburg über Familienbildungsstätte, Landkreis Lüneburg über Ma Donna) angeboten. Inhalt und Ziel des Projekts ist es, Freiwillige über die Anleitung von Professionellen zur Unterstützung insbesondere in der postnatalen Phase einzusetzen. Familien können diese Hilfe unmittelbar bei dem jeweiligen Träger abrufen.

Die Finanzierung für das Projekt im Landkreis Lüneburg erfolgt aus Eigenmitteln des Trägers, Spenden und zu 50 % aus Mitteln des Landesprojekts „Familie mit Zukunft“. Die entsprechenden Landesmittel wurde von dem Träger über den Landkreis Lüneburg – nur dieser ist antragsberechtigt – beim Land angemeldet und bereits gewährt.
Der Einsatz des hier tätigen freiwilligen Personals ist in der Regel auf einen bestimmten Zeitraum, im Durchschnitt ein Vierteljahr bis zu einem halben Jahr nach der Geburt, begrenzt. Das Anwerben eines entsprechenden freiwilligen Potenzials ist nicht ohne Schwierigkeiten. Der Träger hat daher das Projekt bereits in allen Sozialraumkonferenzen im Landkreis Lüneburg vorgestellt und um entsprechende Unterstützung geworben. Die Verwaltung ist bemüht, aktuelle Zahlen zum Umfang der zurzeit im Rahmen dieses Projekts geleisteten Arbeit im Sitzungstermin am 27.10.2008 vorzutragen.

Durch den Wegfall von Komplementärfinanzierungen liegt derzeit dem Landkreis auch ein Antrag des Trägers Ma Donna vor, sich nunmehr mit eigenen Mitteln an der Projektfinanzierung zu beteiligen.

Erziehungslotsen:
Unter der Bezeichnung Erziehungslotsen hat das Land Niedersachsen ein neues, ebenfalls auf die Tätigkeit von Ehrenamtlichen abzielendes Projekt ins Leben gerufen. Auf Seiten der Jugendhilfeträger hat der Weg,  auf dem dieses Projekt gestaltet und ins Leben gerufen wurde, zu Unverständnis und Verärgerung geführt.
Das Land hat das Projekt allein in Zusammenarbeit mit Familienbildungsstätten entwickelt. Eine Beteiligung der öffentlichen und freien Jugendhilfe hat erst kurz vorm Sommer 2008 stattgefunden. Interessanterweise hat das Land die Familienbildungsstätten gebeten, im Vorfeld keinen Kontakt zu den örtlichen Jugendhilfeträgern aufzunehmen.

Erziehungslotsen sollen über die Familienbildungsstätten in einem Kursus von zwischen 40 und 50 Unterrichtsstunden qualifiziert werden. Eine Vorqualifikation ist nicht erforderlich, nur das Beibringen eines polizeilichen Führungszeugnisses. Die Familienbildungsstätte Lüneburg wird dieses Kursprogramm durchführen und ist zurzeit mit der Auswahl einer entsprechenden Lehrkraft beschäftigt. Nach übereinstimmender Auffassung der Jugendhilfe der Hansestadt Lüneburg und des Landkreises Lüneburg ist dieses Projekt äußerst kritisch zu sehen. Nach der vom Land verlautbarten Absicht sollen Erziehungslotsen Familien in kritischen Situationen oder bei Schwierigkeiten im familiären Zusammenleben unterstützen. Das Land nennt zwar eine Abgrenzung zur professionellen Sozialpädagogischen Familienhilfe, beschreibt diese Trennlinie jedoch nicht weiter.

 

Interessanterweise will das Land Erziehungslotsen als Angebot an die Eltern verstanden wissen als Alternative zu von ihm so genannten Maßnahmen des SGB VIII (KJHG). Es verkennt hierbei völlig, dass die Angebote des SGB VIII in der Regel alle freiwillig sind und das SGB VIII insoweit keine Zwangsmaßnahmen enthält.

 

Das Land beabsichtigt, den Einsatz von Erziehungslotsen über die Familien- und Kinderservicebüros zu gestalten. Der Begriff „Kinderservicebüro“ ist insoweit neu, als bisher vom Land allein der Begriff „Familienservicebüro“ verwand wurde.

 

Absprachen zwischen dem Jugendamt der Hansestadt Lüneburg und dem Jugendamt des Landkreises Lüneburg gehen zurzeit dahin, den Einsatz von Erziehungslotsen nicht zu befördern. Die mit dem Einsatz von ehrenamtlich Tätigen in kritischen Familiensituationen verbundenen Risiken würden bei einer Benennung von Familie und dem konkreten Einsatz von Erziehungslotsen in diesen Familien auf den öffentlichen Jugendhilfeträger übergehen. Da die damit verbundenen Risiken fachlich nicht als verantwortbar angesehen werden bzw. auch das entsprechende Personal für die Betreuung der freiwillig Tätigen nicht vorhanden ist, erfolgt zurzeit keine weitere Unterstützung dieses Projekts. Gleichwohl wird die Familienbildungsstätte das entsprechende Ausbildungsprogramm starten. Die Verwaltung ist auch in diesem Punkt bemüht, zusammen mit der Hansestadt Lüneburg die weitere Entwicklung zu begleiten. Das Thema war bereits Gegenstand einer Information im Beirat zum oben beschriebenen Kommunalen Netzwerk Frühe Hilfen.

 

Erziehungsberatungsstelle:

Auch die Erziehungsberatungsstelle Lüneburg hat sich in der Person der seit Sommer neu eingestellten Kollegin Frau Padel mit der Thematik Frühe Hilfen beschäftigt. Es ist insoweit geplant, im Rahmen der Erziehungsberatungsstelle ein entsprechendes Angebot zu kreieren bzw. ggf. modellhaft zu entwickeln, um es dann später breiter zu etablieren. Eine konkrete Entscheidung über Form und Inhalt des Projekts ist derzeit jedoch noch nicht erfolgt. Frau Padel befindet sich insoweit noch in der Sondierungsphase.

Familienhebammen:

Der Begriff der Familienhebammen ist in Niedersachsen eng verbunden mit dem Projekt „Eine Chance für Kinder“. Grundsätzlich gibt es Familienhebammen jedoch bundesweit. Familienhebammen sind staatlich examinierte Hebammen mit einer Zusatzqualifikation, deren Tätigkeit die Gesundherhaltung von Mutter und Kind fördern soll. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der psychosozialen medizinischen Beratung und Betreuung von Risikogruppen durch aufsuchende Tätigkeit und interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Institutionen. Zurzeit ist der Verwaltung nur eine ausgebildete Familienhebamme im Bereich von Hansestadt und Landkreis Lüneburg bekannt. „Normale“ Hebammen werden jedoch in besonderen Situationen auch aus Mitteln der Jugendhilfe zur Begleitung problematischer Familiensituationen eingesetzt.

 

Das Thema Familienhebammen ist in Niedersachsen eng verknüpft mit der Stiftung „Eine Chance für Kinder“ von Frau Hildegard und Herrn Hermann Schnipkoweit. Schirmherr dieser Stiftung ist der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, Herr Christian Wulff. Ziel der Stiftung ist es, durch aufsuchende Hilfe für schwangere junge Mütter und ihre Kinder in sozial schwierigen Lebenssituationen eine drohende Kindesvernachlässigung und Kindesverwahrlosung zu verhindern. Die Stiftung bietet neben verschiedenen anderen Projekten Fortbildungsveranstaltungen für Familienhebammen an.

 

 

Pro Kind (www.stiftung-pro-kind.de):

Unter dem genannten Begriff „Pro Kind“ findet zurzeit an ausgewählten Standorten in Niedersachsen ein Modellprojekt statt. Die Standorte sind Braunschweig, Celle (Stadt und Landkreis), Göttingen, Hannover, Laatzen, Garbsen und Wolfsburg.

 

Seinen Ursprung hat das Programm im amerikanischen Nurse-Family-Partnership-Program (NFP). Das zurzeit in Niedersachsen durchgeführte Modellprojekt wird wissenschaftlich begleitet.

 

Es steht bei freiwilliger Teilnahme Frauen offen, die ihr erstes Kind bekommen, zwischen der 12. und 28. Schwangerschaftswoche  und in finanziell und persönlich schwieriger Lebenslage sind.

 

In der Regel beteiligen sich die Modellkommunen mit einer hälftigen Übernahme der Kosten der Familienhelferinnen.

 

Die Verwaltung ist im Weiteren bemüht, für den gegebenen Auftrag ein entsprechendes Konzept für benachteiligte Familien zu entwickeln, dies insbesondere möglichst in Koordination und Abstimmung mit der Hansestadt Lüneburg im Rahmen des Kommunalen Netzwerks zu etablieren. Die Verwaltung macht jedoch darauf aufmerksam, dass sie dies nur im Rahmen der Einheitlichkeit der Jugendhilfe für sinnvoll und fachlich verantwortbar als in der Zukunft zu gewährleisten ansieht. Eine Fraktionierung verschiedener Angebote ohne die koordinierende und verknüpfende Funktion gerade der beiden öffentlichen Jugendhilfeträger Landkreis und Hansestadt Lüneburg sieht die Verwaltung unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit als nicht sinnvoll an.

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