Vorlage - 2015/086
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Sachlage:
In der Ausschusssitzung vom 18.11.2014 wurde darum gebeten, im Frühjahr 2015 zur Entwicklung der vertraglichen Beziehung mit dem Betreuungsverein der AWO e.V. bezüglich Förderung und Führung von Vormundschaften bzw. Pflegschaften (V/P) zu berichten.
Der Verein hat sich vertraglich verpflichtet bis zum 01.06.2015 mindestens 20 V/P zu führen und das Jugendamt des Landkreises insoweit zu entlasten. Er erhält dafür ab 2015 einen Förderbetrag in Höhe von 20.000 €. Die Weiterförderung ab dem Jahr 2016 in gleicher Höhe setzt voraus, dass bis zum 01.06.2015 mindestens 20 V/P geführt werden. Sollte die Zahl nicht erreicht werden, ist über den Förderbetrag ab 2016 neu zu verhandeln. Der Vertrag gilt bis zum 31.12.2015 und verlängert sich um ein Jahr, wenn er nicht bis zum 30.06.2015 gekündigt wird.
Per 15.02.2015 führt der Verein 43 V/P, wovon nach Vertragsschluss 21 hinzugekommen sind. Sinn und Zweck des Vertrages sind damit in vollem Umfange erfüllt. Die Fördersumme beträgt damit in 2015 20.000 €. Für eine Vertragskündigung gibt es keinen Anlass.
Das Jugendamt führt jetzt insgesamt 104 V/P mit 2,64 Stellen, also rund 40 V/P pro Vollzeitstelle.
Damit wird die gesetzlich vorgegebene Fallobergrenze von 50 V/P pro Vollzeitstelle eingehalten.
Die gesetzliche Fallobergrenze geht auf die Zeit der so genannten Dresdner Erklärung (Fachtagung im Jahre 2000) zurück, also zu einer Zeit, in der weder von regelmäßigen monatlichen Kontakten mit dem Mündel im häuslichen Umfeld noch von seiner Pflege und Erziehung die Rede war.
Entsprechend äußerten sich die Experten im Rahmen der Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages 2011 zum Entwurf des Reformgesetzes beispielhaft wie folgt:
Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V., Joachim Beinkinstadt:
„Die Begrenzung auf 40 Fälle ist … angebracht.“
Arbeitsgemeinschaft und Kinder- und Jugendhilfe, Dr. Thomas Meysen,:
„Realistisch dürfte die angemessene Förderung von Kindern und Jugendlichen durch den AV …ab einer Fallzahl von 30 bis 40 Vormund-/Pflegschaften pro Vollzeitstelle werden.“
Freie Universität Berlin, Herr Prof. Dr. Dr. h. c Wiesner:
„….eine entlastende Wirkung hätte…. nur eine generelle Absenkung der Obergrenze auf 40 Mündel…“.
Ev. Hochschule Nürnberg, Frau Prof. Dr. jur. Hildegund Sünderhauf-Kravets:
„Wenn wir künftig die persönlich geführte Amtsvormundschaft wollen, müssen Alibibesuche verhindert werden und die persönlich geführte Vormundschaft kapazitätsmäßig möglich sein. Die vorgeschlagene Obergrenze von 50 Fällen ist dafür untauglich oder zumindest sehr unrealistisch. Eine Belastungsobergrenze von 30 – 40 Fällen wäre adäquat.“
Laut Untersuchung der Hochschule Nürnberg bleiben für die Pflege und Erziehung eines Kindes durchschnittlich:
bei 50 Fällen – 20 Minuten pro Kind/Monat,
bei 40 Fällen – 1 Stunde pro Kind/Monat,
bei 30 Fällen – 2 ¼ Stunden pro Kind/Monat.
Die hiesige Erfahrung nach drei Jahren Reformgesetz zeigt zweifelsfrei, dass 50 Vormundschaften pro Vollzeitstelle nicht zu bewältigen sind, zumal bei dieser Zahl 10 bis 15 Zu- und Abgänge jährlich zu berücksichtigen sind.
Die jetzige Zahl von 40 sollte auf keinen Fall überschritten werden. Solange der Betreuungsverein der AWO Kapazitäten bereit hält um neue Fälle zu übernehmen, reichen die Personalressourcen im Fachdienst 54 aus.