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Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.

Vorlage - 2015/124  

Betreff: Breitbandstrategie Landkreis Lüneburg
(im Stand der 3. Aktualisierung vom 08.10.2015)
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verantwortlich:Krumböhmer, Jürgen
Federführend:Verwaltungsleitung Bearbeiter/-in: Lüttchen, Martina
Produkte:23.1. 111-100 Verwaltungsführung
Beratungsfolge:
Ausschuss für Wirtschaft und Touristik
30.06.2015 
Ausschuss für Wirtschaft, Touristik, Verkehrsplanung und ÖPNV sowie zu TOP 1 bis 5 Betriebs- und Straßenbauausschuss ungeändert beschlossen   
Kreisausschuss
01.07.2015    Kreisausschuss      
Ausschuss für Wirtschaft und Touristik
15.09.2015 
Ausschuss für Wirtschaft, Touristik, Verkehrsplanung und ÖPNV ungeändert beschlossen   
Kreisausschuss
28.09.2015    Kreisausschuss      
Kreistag
12.10.2015 
Kreistag ungeändert beschlossen   

Anlage/n
Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Breitbandstrategie LK LG Stellungnahme HVBAGLKLG 29. Juni 2015  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anlage/n:

1

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Breitbandstrategie LK LG Stellungnahme HVBAGLKLG 29. Juni 2015 (68 KB)      

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beschlussvorschlag:

  1. Der Landkreis Lüneburg bereitet die Ausschreibung einer Wirtschaftlichkeitslückenförderung zum Breitbandausbau in seinen Gebietsteilen, die nicht durch den freien Markt eigenwirtschaftlich mit schnellen Breitbandnetzen versorgt werden, vor. Ziel ist eine Abdeckung mit mindestens 30 MBit/Sek. für mindestens 95 % der Anschlüsse.
  2. Die endgültige Umsetzung soll erst begonnen werden, wenn die Nutzung der Förderungen von Bund und Land gesichert ist.
  3. Die Wirtschaftlichkeitslücke soll vom Landkreis Lüneburg und den betroffenen Kommunen je zur Hälfte finanziert werden.
  4. Die Kooperationsvereinbarung wird vom Landkreis nicht weiter verfolgt.

Aktualisierter Beschlussvorschlag zu Ziffer 1 vom 30.06.2015:

  1. Der Landkreis Lüneburg bereitet die Ausschreibung einer Wirtschaftlichkeitslückenförderung zum Breitbandausbau in seinen Gebietsteilen, die nicht durch den freien Markt eigenwirtschaftlich mit schnellen Breitbandnetzen versorgt werden, vor. Ziel ist eine Abdeckung mit mindestens 30 MBit/Sek. für mindestens 95 % der Anschlüsse.
    In die Ausschreibung werden die Gemeinden, Samtgemeinden oder Einheitsgemeinden aufgenommen, die bis zum 31.10.2015 ihre Teilnahme schriftlich und verbindlich bestätigt haben. Unmittelbar nach dem Kreistagsbeschluss wird den betroffenen Kommunen ein entsprechendes schriftliches Angebot unterbreitet.


 

Aktualisierte Beschlussfassung vom 04.09.2015:

  1. Der Landkreis Lüneburg bereitet die Ausschreibung einer Wirtschaftlichkeitslückenförderung zum Breitbandausbau in seinen Gebietsteilen, die nicht durch den freien Markt eigenwirtschaftlich mit

schnellen Breitbandnetzen versorgt werden, vor. Ziel ist eine flächendeckende Abdeckung mit mindestens 50 MBit/Sek. Mittel- und langfristig werden in der Ausschreibung höhere Breitbandgeschwindigkeiten verbindlich vorgegeben.

 

  1. In die Ausschreibung werden die Gemeinden, Samtgemeinden oder Einheitsgemeinden aufgenommen, die bis zum 31.01.2016 ihre Teilnahme schriftlich und verbindlich bestätigt haben. Unmittelbar nach dem Kreistagsbeschluss wird den betroffenen Kommunen ein entsprechendes schriftliches Angebot unterbreitet.

 

  1. Die endgültige Umsetzung soll erst begonnen werden, wenn die Nutzung der Förderungen von Bund und Land gesichert ist.

 

  1. Die Wirtschaftlichkeitslücke soll vom Landkreis Lüneburg und den betroffenen Kommunen je zur Hälfte finanziert werden.

 

  1. Die den Kommunen als Entwurf zugesandte Kooperationsvereinbarung wird  vom Landkreis nicht weiter verfolgt. Sie wird durch das schriftliche Angebot nach Ziff. 2 ersetzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sachlage:

 

1. FTTB-Ausbau

 

FTTB oder FTTH-Modelle sind technisch nach heutiger Einschätzung das Maß der Dinge. Ihr großer Vorteil ist, dass - soweit heute erkennbar - mit dieser Technologie der Bedarf auch der kommenden Generation abgedeckt werden kann. Kommunale Praxisbeispiele zeigen, dass diese Technologie im geförderten Ausbau implementiert werden kann. Die mittlerweile verfestigte Einschätzung beleuchtet, dass solche Projekte nur erfolgreich sein können, wenn bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind.

 

So werden in Süddeutschland von den dortigen Bundesländern erhebliche Fördermittel gewährt – in Baden-Württemberg 50 % auf die Investitionssumme. Unter solchen Bedingungen würde auch der Landkreis Lüneburg nicht zögern, einen FTTB/H-Ausbau voranzutreiben. Die Untersuchung des Wirtschaftsrates Recht zeigt aber klar auf, dass unter den Bedingungen in Niedersachsen ohne einen verlorenen Zuschuss des Landkreises ein geförderter FTTB/H-Ausbau nicht möglich sein wird.

 

Die Höhe des Zuschusses hängt wiederum stark von der Zahl der Haushalte ab, die bereit sind, das neue Netz zu nutzen. Bei einer Kundenbindung von 70 % im Ausbaugebiet läge der Zuschuss des Landkreises bei etwa 7 Mio. €, bei 60 % wären es schon 15 Mio. € und bei 50 % um 24 Mio. €.

 

Diese Geldbeträge stellen abgezinste Barwerte dar, die gut mit der Wirtschaftlichkeitslücke vergleichbar sind. Denn sie geben an, wie viel Geld ein Unternehmen von Beginn an haben muss, um bis zum Ende der Kalkulationsperiode von 25 Jahren keine weiteren Zuschüsse zu benötigen.

 

Die genannten Prozentwerte sind gemessen am allgemeinen Markt ausgesprochen hoch. Kleinere kommunale Projekte haben Vorvertragsquoten in dieser Größenordnung erreicht. Dies gelingt in der Regel unter zwei Bedingungen:

 

  • Der örtlichen Gemeinschaft gelingt es, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen und die lokalen Akteure zu bewegen, bei der Kundenakquise zu helfen.
     
  • Die Breitbandversorgung ist zu Projektstart ausgesprochen schlecht.

 

Solche Verhältnisse findet man meist nur kleinräumig, aber kaum bezogen auf ein großes Teilgebiet eines ganzen Landkreises vor. Jüngstes Beispiel ist die Samtgemeinde Elbmarsch, der es gelungen ist, in wenigen Monaten eine Vorvermarktungsquote von fast 60 % zu realisieren. Im Landkreis Lüneburg ist jedenfalls die begeisterte Unterstützung der betroffenen örtlichen Ebene nicht spürbar. Die Hürde, im ganzen Ausbaubereich durchschnittlich 60 % der potentiellen Anschlüsse vertraglich zu binden, erscheint unüberwindlich.

 

 

2. Wirtschaftlichkeitslücke

 

Vor diesem Hintergrund tritt die Alternative hervor, die Förderung einer Wirtschaftlichkeitslücke auszuschreiben. Zufälligerweise stehen hier vergleichbare Zahlen im Raum. Der Landkreis könnte möglicherweise für ca. 16 Mio. € auf der Basis einer FTTC-Technologie innerhalb von drei Jahren in seinem kompletten Ausbaubereich für 95 % der Anschlüsse eine Breitbandversorgung von mindestens 30 MBit/Sek. bekommen, ohne dafür selbst operativ tätig werden zu müssen oder das Risiko der ausreichenden Kundenbindung oder andere wirtschaftliche Risiken zu tragen. Dieser Betrag entspricht in etwa einem FTTB-Ausbau bei 60 % Kundenbindung. Schematisch ergibt sich als Vergleich:

 

 

Bewertungsaspekt

FTTB-Ausbau

Wirtschaftlichkeitslücke

Bemerkungen

Technologie

zukunftsfähig

mittelfristig nachzurüsten

Wie der Umstieg auf eine Nachfolgetechnologie bei FTTC aussehen kann, ist heute ungeklärt.

Betriebsmodell

Landkreis baut und verpachtet passive Netzinfrastruktur, die in seinem Eigentum steht.

Keine eigene Struktur für den Landkreis erforderlich, kein Eigentum des Landkreises

Bei FTTB liegen unternehmerische Risiken, aber auch Eigentum beim Landkreis. Wert des passiven Netzes nach 25 Jahren unbekannt.

Finanzierung

Landkreis finanziert vor und nimmt Pachtzahlungen entgegen. Nach 25 Jahren beträgt der Schuldenstand noch 23 Mio. €.

Einmalzahlung der Wirtschaftlichkeitslücke aus Krediten. Ob mittelfristig weitere Zahlungen erforderlich werden, bleibt offen.

Bewertung hängt im Wesentlichen von heute nicht einzuschätzenden Faktoren ab: Muss bei der Wirtschaftlichkeitslücke nachfinanziert werden? Was ist das FTTB-Netz als bilanzieller Ausgleich für die Restschulden in 25 Jahren wert?

Vorvermarktung und Kundenbindung             

Landkreis wird an dem Risiko der Vermark-tung finanziell beteiligt. Vorvermarktungsquote (40 bis 60 %) ist zur Eingrenzung des Risikos erforderlich.

Keine Beteiligung des Landkreises am Vermarktungsrisiko, keine Vorvermarktungsquote.

Vorvermarktungsquote bei FTTB wird in vielen Ausbaugebieten nicht zu erreichen sein. Geringe Kundenbindung bei FTTB verschlechtert das Betriebsergebnis.

Leistung

Mögliche Übertragungsrate praktisch unbegrenzt, aber Bereiche, die die Vorvermarktungsquote nicht erfüllen, bleiben unversorgt.             

Alle Bereiche werden innerhalb von drei Jahren angeschlossen. 95 % aller Anschlüsse im ganzen Ausbaugebiet erhalten mindestens 30 MBit/Sek. Auch die letzten 5 % erhalten eine Verbesserung.

Die Leistung von FTTB ist höher, stünde aber nur zur Verfügung, wo die Vorvermarktungsquote erreicht wird.

Förderung

Förderung verringert wahrscheinlich den Investitionsaufwand und nur indirekt den Barwert: teilweiser Effekt.             

Förderung kann unmittelbar von der Wirtschaftlichkeitslücke abgezogen werden: voller Effekt.

Förderrichtlinien leider immer noch nicht bekannt. Sie können Einfluss die Entscheidung des Landkreises haben.

 

Im Ergebnis mag der FTTB-Ausbau technologisch und volkswirtschaftlich der richtige Weg sein. Schultern soll dies der Landkreis Lüneburg mehr oder weniger allein. Damit ist er überfordert, weil die notwendige Vermarktungsquote nicht realistisch zu erreichen sein wird. Damit bleibt praktisch nur noch die Ausschreibung der Wirtschaftlichkeitslücke übrig.

 

Wie hoch die Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke ausfallen kann, ist in einem Vergabeverfahren zu ermitteln. Der Landkreis Lüneburg wird im weiteren Verfahren durch die Firma LAN Consult unterstützt, die auch in Schleswig-Holstein und für die Samtgemeinde Elbmarsch tätig ist. Leistungsgegenstand ist u. a. die Mitwirkung bei der Ausschreibung und Vergabe.

 

Der im Raum stehende Betrag von ca. 16 Mio. € für mindestens 30 MBit/Sek. für mindestens 95 % der Anschlüsse könnte vom Landkreis und den betroffenen Kommunen je zu Hälfte getragen werden. Eine kommunale Beteiligung erscheint gerechtfertigt.

 

 

3. Zweckverband

 

Vorreiter für den FTTB-Ausbau finden sich u. a. in Schleswig-Holstein, wo z. B. der Zweckverband Breitbandversorgung Steinburg bereits acht Ausbaugebiete mit FTTB-Netzen versehen hat. Aus rechtlichen Gründen kann der Landkreis Lüneburg nicht gemeinsam mit den Kommunen Mitglied eines Zweckverbandes sein, weil ihm die Aufgabe des Breitbandausbaus nicht gemeinsam mit der kommunalen Ebene obliegen kann.

 

Grundsätzlich sind nämlich die Einheits- und Mitgliedsgemeinden zuständig. Sinn der Kooperationsvereinbarung war u. a., die Aufgabenwahrnehmung durch den Landkreis zu legitimieren.

 

Möchten die betroffenen Kommunen - wie in Teilen Schleswig-Holsteins - den FTTB-Ausbau vorantreiben, stünde ihnen hierfür mit dem Zweckverband ein Instrument zur Verfügung. Der Landkreis wäre in der Lage, seinen finanziellen Beitrag, den er für die Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke aufzuwenden hätte, auch dem Zweckverband zur Verfügung zu stellen und den Zweckverband administrativ zu unterstützen.

 

Die Kommunen müssten allerdings bereit sein, diesen Weg gemeinsam zu gehen.

 

 

4. Förderung

 

Aus verschiedenen Quellen ist von Absichten des Bundes und des Landes zu hören, kommunale Breitbandprojekte zu fördern. Die vom Land bereit gestellten Mittel beeinflussen die Höhe der Investition kaum, denn für ganz Niedersachsen werden nur ca. 40 Mio. € verteilt. Wirksamer ist die Zinsverbilligung, zu der umsetzbare Bedingungen aber auch noch nicht bekannt sind.

 

Größere Hoffnungen werden in die Förderung durch den Bund gesetzt, doch auch diesbezüglich liegen keine konkreten Aussagen vor.

 

Eine Option besteht darin abzuwarten, bis die Bedingungen der Förderungen klar sind. Im Moment kann jedenfalls nicht ausgeschossen werden, dass die Förderrichtlinien auf die Art des Breitbandausbaus Einfluss nehmen werden. So hört man, dass der Bund von Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 MBit/Sek. spricht. Dass auch Vorgaben bezüglich der Netztechnologie gemacht werden, ist nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich. Angesichts der bisher bekannten Abläufe werden belastbare Grundlagen für die Förderung nicht vor Herbst 2015 vorliegen.

 

In der jüngeren Vergangenheit haben viele Kommunen versucht, im Breitbandausbau zu den Ersten zu gehören. Wer jedoch die Fördermittel ausschöpfen möchte, ist besser beraten, die Klärung der Situation abzuwarten.

 

 

5. Entwurf der Kooperationsvereinbarung

 

Der Landkreis Lüneburg hat den betroffenen Kommunen vor der Sommerpause 2014 den Entwurf einer Kooperationsvereinbarung zugesandt. Die dort niedergelegte Grundkonstruktion kann nicht aufrechterhalten werden. Beabsichtigt war, dass der Landkreis selbst ein passives Breitbandnetz baut und es an einen privaten Partner verpachtet. Dieser sollte die aktiven Komponenten ergänzen, das Netz warten und betreiben, Internetdienste anbieten und Kunden werben. Der Landkreis sollte die Pacht vereinnahmen und die Investition vorfinanzieren.

 

Jede Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde und jeder Ortsteil einer Einheitsgemeinde sollten Ausbaugebiete bilden. Mit dem Ausbau sollte erst begonnen werden, wenn im Ausbaugebiet eine Vorvermarktungsquote von 30 % erreicht und die Grundstücksrechte gesichert sind.

 

Basis war eine FTTC-Strategie. Insbesondere die Wirtschaftlichkeitsprüfung des Wirtschaftsrates Recht hat gezeigt, dass eine FTTC-Strategie unwirtschaftlich ist. Die von der Firma OFP zugrunde gelegten

70 % als Ziel der Kundenbindung sind mit FTTC unrealistisch. Wird mit realistischen Werten von ca.

30 % gerechnet, ergeben sich deutliche Defizite, die gegenüber der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke klar nachteilig sind.

 

Ein Umschreiben der Kooperationsvereinbarung auf eine FTTB-Strategie ist denkbar, setzt aber voraus, dass die notwendige Vorvermarktung und Kundenbindung erreichbar erscheinen. Dies wird von der Kreisverwaltung negativ beurteilt.

 

Die Kooperationsvereinbarung kann daher vom Landkreis nicht weiter verfolgt werden.

 

 

Aktualisierte Sachlage vom 30.06.2015:

 

Die Hauptverwaltungsbeamten im Landkreis Lüneburg haben die in der Anlage beigefügte Stellungnahme vom 29.06.2015 abgegeben. Sie tragen die Kreistagsvorlage 2015/124 mehrheitlich mit und schlagen vor, dass der Landkreis Lüneburg den Kommunen ein schriftliches Angebot zur Teilnahme an einer Ausschreibung unterbreitet, das die Kommunen bis zum 31.10.2015 bestätigen können. Dieser Vorschlag wird mit dieser Aktualisierung aufgegriffen. Er spiegelt sich in dem neuen Satz 3 unter Ziff. 1 des Beschlussvorschlages wider.

Aktualisierte Sachlage vom 04.09.2015:

Am 20.07.2015 wurde die Beschlussfassung über den Breitbandausbau im Landkreis Lüneburg auf die Kreistagssitzung am 12.10.2015 vertagt, nachdem kurz zuvor in der Presse bekannt gegeben wurde, wie sich der Landkreis Uelzen aufstellen möchte. Eine Arbeitsgruppe des Kreistages mit Vertretern aller Fraktionen wurde eingerichtet, die sich am 03.09.2015 getroffen hat. Für den 09.09.2015 ist eine Sitzung der Lenkungsgruppe vorgesehen. Der Wirtschaftsausschuss wird sich am 15.09.2015 mit der Thematik befassen und der Kreisausschuss folgt am 28.09.2015.

 

Einstimmiges Votum der Arbeitsgruppe ist, das Konzept der Förderung der Wirtschaftlichkeits-lücke zu verfolgen und den Kommunen ein entsprechendes Angebot zur Teilnahme zu unterbreiten.

 

Entsprechend der Richtlinie für die Bundesförderung soll das Projekt mit 50 MBit/Sek. flächendeckend gestartet werden. Mittel- und langfristig sollen höhere Mindestgeschwindigkeiten als Leistungsanforderungen verbindlich definiert werden, die eine markt- und technikgerechte Weiterentwicklung des Netzes garantieren.

 

Dieses Vorgehen kann sich nach heutigen Informationen in einem überschaubaren Finanzrahmen bewegen. Bei einer geschätzten Wirtschaftlichkeitslücke von 16 Mio. € und einer 50%igen Bundesförderung sowie einer Landesförderung von 2 Mio. € bliebe ein kommunaler Eigenanteil von 6 Mio. €. Hälftig verteilt auf Kommunen und Landkreis ergäben sich finanzielle Aufwendungen, die für alle Beteiligten handhabbar sind.

Bei einer entsprechenden Beschlussfassung würde der Landkreis unmittelbar mit der Vorbereitung der Ausschreibung beginnen, weil alle Vorbereitungen getroffen sind.

 

Entscheidend für diese Empfehlung sind folgende Punkte:

 

  1. Zielsetzung

 

Das ausschlaggebende Ziel hat vier Dimensionen:

  • die Leistungsfähigkeit des Netzes (MBit/Sek.),
  • die Flächendeckung ( Wie viel Prozent der Haushalte in den unterversorgten Gebieten werden angeschlossen?),
  • die Zeit (kurz-, mittel- und langfristige Betrachtung) und
  • der kommunale Finanzaufwand einschließlich Chancen und Risiken.

 

  1. Fragestellung

 

Im kommunalen Breitbandausbau stellen sich sehr viele unterschiedliche Fragen. Die eigentliche strategische Frage ist jedoch:

 

Was ist besser: das Pachtmodell oder die Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke?

 

Die viel diskutierte Frage nach der Technik –FTTB oder FTTC – ist demgegenüber nachrangig. Die Praxis zeigt nämlich, dass sowohl Pachtmodell als auch Förderung der Wirtschaftlichkeits-lücke sowohl mit FTTC als auch mit FTTB realisiert werden können. In Wahrheit geht es um die oben beschriebene Zielsetzung, nämlich: Welche Geschwindigkeiten werden kurz-, mittel- oder langfristig garantiert und was kostet das? Dieser Frage muss sich jedes Modell in gleichem Maße im Ausschreibungsverfahren stellen. Es ist Sache der Kommunen, diese Anforderungen vorzugeben, egal ob Pachtmodell oder Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke. Eine bestimmte Technik darf aus rechtlichen Gründen im Ausschreibungsverfahren nicht vorgegeben werden!!

 

  1. Eigenes Netz: Ja oder Nein?

 

Der Hauptunterschied zwischen dem Pachtmodell und der Förderung der Wirtschaftlichkeits-lücke liegt darin, wem das Netz gehört. Kernfrage ist dabei:

 

Wie viel ist das NGA-Netz nach 25 Jahren wert?

 

Dies erweist sich schlussendlich als die wichtigste Frage in diesem Thema. Dabei sind zwei Gedankenwelten zu unterscheiden:

 

Betriebswirtschaftlich wird die Investition in das Netz linear anhand einer definierten Abschreibungsfrist abgeschrieben und generiert in entsprechender Höhe einen ergebniswirksamen Abschreibungsaufwand. In jedem Geschäftsjahr wird rein mathematisch ein  Restbuchwert ermittelt. Nach dieser Methode kann ein FTTB-Netz nach 25 Jahren im Landkreis Lüneburg mit über 31,7 Mio. € veranschlagt werden. Die Restverbindlichkeiten lägen bei 17,2 Mio. €. Es ergäbe sich ein deutlicher bilanzieller Überschuss.

 

Deutlich wichtiger als Buchwerte werden jedoch die realen Verkehrswerte sein. Betrachtet man  den konkreten Markt, kann die rein rechnerische Herangehensweise bezweifelt werden. Tatsächlich mag ein FTTB-Netz auch nach einer Nutzungsdauer von 25 Jahren noch funktionsfähig sein. Doch hier liegt nicht das primäre Risiko. Wesentlich einschneidender kann sich die generelle Marktlage entwickeln. Wer kann heute verlässlich ausschließen, dass sich in den nächsten Jahren konkurrierende Netze auch in ländlichen Räumen entwickeln werden? Schon heute zeigen in vielen Teilen Deutschland alternative Lösungen Wirkung, z.B. Internetangeboten über Nahwärmenetze von Biogasanlagen, Anschlüsse an Glasfasertrassen entlang von Energiestraßen (Gasleitungen), Leittechnik entlang von Straßen zur Unterstützung autonomen Fahrens, Nutzung von Smart-Grit über Energieversorger, Weiterentwicklung von Funknetzen.

 

Außerdem wird bundesweit beobachtet, dass die Deutsche Telekom gerade in kommunalen Ausbaugebieten besondere Anstrengungen unternimmt, um ihre Netze zu verbessern und konkurrierende Angebote zu platzieren.

 

Die hiermit verbundenen Einschätzungen kann heute niemand – auch kein Gutachter – sicher vornehmen. Trotz aller bleibenden Unsicherheit ist das persönliche Urteil der Verantwortlichen gefragt.

 

Unabhängig davon sollte bedacht werden, dass NGA-Netzstrukturen nicht zur Kernkompetenz eines Landkreises gehören. Ein großes Unternehmen mit eigener Forschungsabteilung, vielfältiger praktischer Erfahrung, internationalen Kontakten und einer gewissen Marktmacht wird eher als ein Landkreis in der Lage sein, die zukünftigen Entwicklungen mitzugehen und Netze entsprechend aus eigener Kraft weiter zu entwickeln und am Markt zu behaupten.

 

Herausforderung für die Ausschreibung wird sein, diese Weiterentwicklung verbindlich festzulegen; auch für die Zukunft! Die mittel- und langfristigen Zielwerte sind vom Landkreis im Ausschreibungsverfahren zu definieren und vom Unternehmen zu garantieren.

 

Richtig ist, dass durch die Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke ein Unternehmen erst einmal in dem geförderten Bereich Fuß fassen wird, was den Markteintritt anderer Anbieter erschwert. Ob sich trotzdem konkurrierende Anbieter zeigen und etablieren werden, ist ungewiss und alleiniges Risiko des privaten Unternehmens, das die Ausschreiung um die Wirtschaftlichkeits-lücke gewinnt.

 

  1. Chancen und Risiken bei den Pachteinnahmen

 

Nur im Pachtmodell fallen Pachteinnahmen an, die als Refinanzierung des Investitionsaufwandes eingesetzt werden. Die kumulierten Pachteinnahmen reichen auch nach Ablauf der Kalkulationsperiode von 25 Jahren nicht aus, um die Kreditverbindlichkeiten zu decken. Dazu wäre eine Marktdurchdringung von über 70 % erforderlich, die aber nicht realistisch ist. Bei einem FTTB-Netz verblieben im Pachtmodell bei einer Kundenbindung von 40 % und einem Pachterlös von 15 € je Anschluss und Monat immer noch ca. 17 Mio. € Restverbindlichkeiten und ein Defizit von gut 15,5 Mio. € (zu dem Restwert des Netzes s.o.).

 

Aus der Praxis sind verschiedene Pachtmodelle bekannt. Dabei geht es immer darum, wer das Risiko trägt, genug Kunden zu gewinnen. Übernimmt allein der Pächter das Marktrisiko, wird er nur eine geringere Pacht zahlen wollen und können. Ggfls. ergibt sich ein hohes Insolvenzrisiko. Soweit ersichtlich beteiligen sich die kommunalen Partner überwiegend –zumindest teilweise - an dem Marktrisiko.  Je mehr Kunden an das kommunale Netz angeschlossen werden, desto höher die Pachteinnahme. Um die Risiken zu minimieren, werden Ausbaugebiete oder Cluster gebildet. Ein Breitbandausbau findet im Cluster nur statt, wenn eine Vorvermarktungsquote erreicht wird, die manchmal bei 60 % oder auch niedriger liegt. Umgekehrt heißt das: wird die Vorvermarktungsquote nicht erreicht, findet in diesem Cluster überhaupt kein Ausbau statt. Es entstünden kein Investitionsaufwand und keine Pachteinnahmen.

 

Der erste Punkt ist also die Marktdurchdringung des kommunalen NGA-Netzes. Die erreichbaren Quoten hängen wesentlich von der vorgefundenen Ausgangslage ab. Eine besonders schlechte aktuelle Versorgungslage führt zu hohen Anschlussraten. In den weißen Flecken des Landkreises Lüneburg finden sich heute in weiten Teilen Breitbandgeschwindig-keiten von 6 bis 16 MBit/Sek. Angesichts dessen erscheinen Vorvertragsquoten von 40 % oder gar 60 % eher unwahrscheinlich.

 

Werden die Vermarktungsquoten nicht erreicht, muss in der Regel die kommunale Seite das finanzielle Risiko durch Übernahme von Verträgen oder Bürgschaften übernehmen.

 

Jenseits der Kundenbindung gibt es im Pachtmodell noch eine weitere Frage. Dem Vernehmen nach sollen derzeit 15 € je Anschluss und Monat durch Ausschreibung zu erzielen sein. Die damit verbundenen Pachteinnahmen (bei entsprechender Kundenbindung) können nicht ohne weiteres auf 25 Jahre hochgerechnet werden. Seit Jahren wird im Internetmarkt beobachtet, dass Endkundenpreise nicht steigen, sondern fallen!! Ein Pachtpreis von 15 € refinanziert sich aus dem, was der Kunde insgesamt zahlt. Fällt der Marktpreis, dürfte auch der Pachterlös sinken. Dies hängt natürlich davon ab, ob die Kunden zukünftig eine Alternative am Markt vorfinden werden.

 

All diese Überlegungen spielen bei der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke keine Rolle, denn die Markterschließung ist allein Sache des privaten Unternehmens.

 

  1. Flächenabdeckung

 

Der Bund fordert neben der Mindestgeschwindigkeit von 50 MBit/Sek. eine Flächendeckung dieses Angebotes. Grundsätzlich wird damit eine 100%ige Abdeckung angestrebt. Dies wurde auf der Regionalkonferenz am 20.07.2015 in Uelzen von Vertretern des Bundesverkehrs-ministeriums ausdrücklich vorgetragen. Eine geringere Abdeckung ist möglich, wird im Scoring aber schlechter bewertet.

 

Mit der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke können hohe Versorgungswerte von mindestens 95 % oder mehr der Anschlüsse im unterversorgten Gebiet erreicht werden. Wie dies bewerkstelligt wird, wäre Sache des privaten Unternehmens. Details würden im Vergabeverfahren ausgehandelt.

 

Im Pachtmodell würde das Konzept der Clusterbildung und der Vorvermarktungsquoten bewirken können, dass einzelne Cluster nicht genug Kunden finden und damit nicht ausgebaut werden. Eine Flächendeckung wäre nicht gegeben. Förderrechtlich kann dies zu Problemen führen. Die in diesen Bereichen lebenden Menschen hätten keine Verbesserung.

 

Mit der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke erhalten alle Haushalte innerhalb von drei Jahren eine Verbesserung.

 

  1. Fazit

 

Das Pachtmodell ist eine probate Lösung unter folgenden Voraussetzungen:

 

25 Jahre lang

 

  • entsteht kein konkurrierendes Netz,
  • fließt der Pachtpreis in stabiler Höhe,
  • werden und bleiben in jedem Cluster genug Kunden (mindestens 40 %) gebunden.

 

Wer dies erwartet, sollte das Pachtmodell bevorzugen, wer dies kritisch sieht, ist mit der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke besser bedient.

 

Aktualisierte Sachlage vom 04.09.2015:

Die Kreisverwaltung empfiehlt vor diesem Hintergrund die Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke verbunden mit der verbindlichen Vorgabe von mittel- und langfristigen Leistungsanforderungen.

 

Damit wird keine Clusterbildung und keine Vorvermarktung erforderlich, der kommunale Aufwand und kommunales Risiko werden auf ein Mindestmaß beschränkt. Alle Bürgerinnen und Bürger erhalten eine große Verbesserung des Angebotes, egal wo sie wohnen.

 

Ergänzende Sachlage vom 08.10.2015:

Am 07.10.2015 fand in der Nord/LB in Hannover eine Veranstaltung zur Finanzierung von Breitbandprojekten statt. Anwesend waren Vertreter des Innen- und des Wirtschaftsministeriums des Landes Niedersachsen. Thema war u. a. der aktuelle Diskussionsstand um die Förderrichtlinie des Bundes. Bekanntlich möchte der Bund kommunale Breitbandprojekte mit 50 % - max. 10 Mio. € - fördern. Gleichwohl bildet sich eine breite Front gegen verschiedene Detailbestimmungen, die als sehr problematisch eingeschätzt werden.

 

Grundsätzlich unterscheidet der Entwurf der Bundesförderrichtlinie zwischen dem Pachtmodell und der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke. In beiden Fällen enthält der Entwurf Einschränkungen, die von den Kommunen und Ländern als schädlich und sachwidrig empfunden werden.

 

Bei der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke geht es um ein scheinbares Detail in der Definition der Wirtschaftlichkeitslücke und der Bindungsfrist. In beiden Fällen wird ein Zeitraum von nur 7 Jahren zugrunde gelegt. Dies widerspricht fundamental der allseits anerkannten Strategie, dass Breitbandausbau einen Generationenaufgabe ist. Fast alle kommunalen Projektträger kalkulieren mit Laufzeiten von 25 Jahren -so auch der Landkreis Lüneburg. Bei dieser Betrachtung ist eine Wirtschaftlichkeitslücke von ca. 16 Mio. € plausibel. Nach Abzug der Förderung von Bund und Land und hälftiger Teilung mit den Kommunen verbliebe für den Landkreis ein Eigenanteil von ca. 3 Mio. €, was ohne Inanspruchnahme von Krediten aus den Zuweisungen nach dem Niedersächsischen Kommunalinvestitionsförderungsgesetz finanziert werden könnte.

 

Verkürzt sich der Kalkulationszeitraum auf nur 7 Jahre, schrumpft der abgezinste Barwert sehr deutlich auf unter 1 Mio. €. Dies hat die Kreisverwaltung zwischenzeitlich mit Hilfe des Wirtschaftsrats Recht abschätzen lassen. Die Bundesförderung würde so künstlich und ohne Sachgrund stark verringert. Die Kreisverwaltung hat sich bereits sehr kritisch gegenüber dem Bundesverkehrsministerium geäußert. Dabei wurde auch aufgezeigt, dass die vorgesehene verbindliche Festlegung von Mittel- und langfristigen Geschwindigkeitszielen mit einer Frist von nur 7 Jahren unterlaufen werden würde.

 

Auch bezüglich der Förderung für das Pachtmodell sind Regelungen in dem Entwurf enthalten, die mit erheblichen Problemen verbunden sind. So soll eine Verkaufspflicht nach Ende der Laufzeit des Pachtvertrages vorgesehen werden. Insgesamt ergibt sich eine Welle der Kritik an dem Entwurf der Förderrichtlinie, dem sich viele Bundesländer angeschlossen haben.

 

Die Kreisverwaltung empfiehlt, den eingeschlagenen Weg unbeirrt weiter zu gehen. Im Beschlussvorschlag ist vorgesehen, verbindliche Schritte erst zu unternehmen, wenn die Förderbedingungen geklärt sind. Dies wird bis zur Unterzeichnung von Verträgen geschehen sein. Wichtig ist, nun das Ausschreibungsverfahren zu beginnen.

 

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