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Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.

Vorlage - 2019/436  

Betreff: Antrag von KTA Graff vom 02.12.2019 (Eingang: 03.12.2019); 365 € Ticket
(im Stand der 1. Aktualisierung vom 04.03.2020)
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag an Fachausschüsse
Verantwortlich:Graff, Markus
Federführend:Büro des Landrats Bearbeiter/-in: Ehrhardt, Merle
Produkte:24.1. 111-110 Büro des Landrats
Beratungsfolge:
Ausschuss für Mobilität
06.05.2020 
Sitzung des Ausschusses für Mobilität geändert beschlossen     
Kreisausschuss
08.06.2020    Sitzung des Kreisausschusses      
Kreistag
15.06.2020 
Sitzung des Kreistages ungeändert beschlossen   

Anlage/n
Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Antrag_365_€.pdf  
200305, Stellungnahme der Verwaltung  

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

 

 

 

 

 

 

Anlage/n:

1 Originalantrag vom 02.12.2019

1 Stellungnahme der Verwaltung vom 04.03.2020

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Antrag_365_€.pdf (59 KB)      
Anlage 2 2 200305, Stellungnahme der Verwaltung (141 KB)      
ALLRIS® Office Integration 3.9.2

 

 

 

 

 

 

Beschlussvorschlag Antragsteller :

Nach Vorbereitung im Mobilitätsauschuss am 25.02.2020 möge der Kreistag beschließen:

Die Verwaltung wird aufgefordert, Gespräche mit dem HVV zu führen. Ziel der Gespräche sollte es sein, den Preis für die HVV-Jahreskarte (ABC) nach Wiener Vorbild auf 365 Euro im Jahr zu senken.Begründung:

Eine deutlich vergünstigte Jahreskarte hat für LüneburgerInnen viele Vorteile. Der zu erwartende ökologische, soziale und gesellschaftliche Nutzen ist groß:

•Steigende Fahrgastzahlen und Rückgang des Individualverkehrs

•Gerecht und solidarisch: Bezahlbare Mobilität für alle BürgerInnen

•Kürzere Takte, verbessertes Angebot und damit höhere Akzeptanz des HVV

•Weniger Verkehr auf den Straßen führt zu weniger Emissionen und Feinstaub

•Weniger Lärm, weniger Staus, weniger Unfälle und mehr Freiflächen

•Betriebskosten des ÖPNV pro Kopf sinken mit steigenden Fahrgastzahlen

•Für Konsum verfügbares Haushaltseinkommen der BürgerInnen steigt

 

 

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

 

 

 

 

 

 

Sachlage Antragsteller:

Der Landkreis nimmt Kontakt mit dem HVV auf. Ziel ist es, ein 365 Tage Ticket als Jahreskarte für

365 € einzuführen.
 

 

Stellungnahme der Verwaltung vom 04.03.2020:

 

Das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) erarbeitet zurzeit eine Förderrichtlinie zur Unterstützung von 10 Modellprojekten mit insgesamt rund 300 Millionen Euro zur Stärkung des ÖPNV. Pro Modellregion sollen maximal 30 Mio Euro ausgezahlt werden. Kleinprojekte können dann berücksichtigt werden, wenn es keine zehn förderungsfähigen Großprojekte für dieses Vorhaben gibt.

 

Das Förderprojekt beschränkt sich jedoch nicht auf eine Tarifabsenkung. Bei einem Termin im BMVI wurde deutlich, dass dieses nur eine letzte Maßnahme sein kann, die Attraktivität des ÖPNV zu steigern. Vorrangig sind Verbesserungen der Infrastruktur und des Angebotes. Hierauf wird der Förderschwerpunkt gelegt. Eine Bewerbung für das Förderprogramm ist nur dann erfolgsversprechend, wenn ein Maßnahmenkatalog erstellt wird, der mehrere Verbesserungen kumuliert.

 

Das Beispiel „Wien“ zeigt, dass die Einführung des 365-Euro-Tickets nur noch eine Steigerung des ÖPNV am Modal Split (Verteilung der Fortbewegungsmittel) um ein bis zwei Prozent Umsteiger auf den ÖPNV zur Folge hatte.

Zuvor wurden zusätzliche Haltestellen eingerichtet, so dass die Bewohner Wiens durchschnittlich nur 396,2 Meter zur nächsten Station haben. Die Taktung sowie die Fahrtdauer im ÖPNV wurde positiv verändert.

Zugleich wurden Straßen für den Radverkehr umgebaut und eine Parkraumbewirtschaftung eingeführt, so dass der Individualverkehr zunehmend unattraktiv geworden ist. Auf über 50% der Straßen gibt es Vorrangmaßnahmen für den ÖPNV.

 

Neben diesem klassischen Beispiel stellten sich in der o.g. Veranstaltung auch die Städte Mannheim und Reutlingen vor. Diese Städte wurden bereits durch das BMVI als Pilotprojekt gefördert.

 

Besonders interessant stellte sich in Mannheim heraus, dass sowohl der Radverkehr als auch neue Wohngebiete in den Nahverkehrsplan aufgenommen wurden. So wurde beispielsweise ein neuer Stadtteil komplett auf E-Mobilität ausgelegt. Als Zubringer zum klassischen ÖPNV und innerhalb des Gebietes fungieren in diesem Wohngebiet E-Kleinbusse als Shuttle.

 

Als Anreiz für die Pendler wurden insbesondere die Takte verdichtet und das Parken in der Stadt verteuert. Tarifsenkungsmaßnahmen wurden für Gelegenheits-, aber nicht für Monats- und Abokartennutzer eingeführt. Da ansonsten das zusätzliche Ziel der Maßnahme, den Anteil des Rades im Modal Split zu senken, gefährdet gesehen wurde. Größter Erfolg war aus Sicht des Oberbürgermeisters die Taktverbesserungen auf speziellen Pendlerrouten. Hier ist es zu einem eklatanten Anstieg von Umsteigern gekommen.

 

Ein weiteres Augenmerk wurde darauf gelegt, E-Busse anzuschaffen. Es wurde angeraten, dabei auch Wasserstoffantriebe sowie die Digitalisierung im Blick zu behalten. Es wurde beispielsweise ein Handy-Tarif entwickelt, der sich an der zurückgelegten Luftlinie bemisst und nicht an den tatsächlich gefahrenen Kilometern.

 

Reutlingen hat ebenfalls die Infrastruktur gestärkt. Es wurden u.a. zehn neue Buslinien (z.B. Quartierslinien und Nachtbuslinien) und 100 neue Haltestellen eingerichtet.

Hinzu kam eine Taktverdichtung, die kurze Umstiegsmöglichkeiten bietet. Die Taktverdichtung soll 35% mehr Fahrgäste in den ÖPNV gebracht haben. Hinzu kam eine Tarifsenkung des Jahreskartenabos um 30%, die ebenfalls positiv angenommen wurde.

 

Neben diesen Maßnahmen wurden Busspuren eingerichtet und die Ampelschaltung entsprechend angepasst, so dass der ÖPNV Vorfahrt gegenüber dem Individualverkehr erhalten hat. Zudem wurde die Höchstgeschwindigkeit auf vielen Straßen auf 30 km/h gesetzt, um den Individualverkehr zu im Hinblick auf den ÖPNV zu verlangsamen, aber auch den CO2-Ausstoß zu verringern.

 

Alle drei Beispiele zeigen, dass eine reine Tarifsenkung nicht ausreicht, um die Bürgerinnen und Bürger zu einem Umstieg zu gewinnen, sondern dass vor allem der Ausbau des Liniennetzes, die Taktverdichtung und ein Vorrang gegenüber dem Individualverkehr notwendig ist. Auch nur diese in einander greifenden Maßnahmen mit einem Aufbau einer schadstoffarmen oder –freien Busflotte hätte Erfolg für eine Förderung.

Die Verwaltung schlägt vor, sich an diesem Förderprogramm noch nicht zu beteiligen. Die Frist zur Einreichung endet voraussichtlich im dritten Quartal 2020, bis dahin müssten die ersten Skizzen eingereicht werden, die Evaluation des Programmes muss bis Ende 2023 erfolgt sein.

Es ist unrealistisch innerhalb dieser kurzen Zeit, ein so großes Projekt zu planen und umzusetzen, zumal hierfür noch weitere Partner, wie beispielsweise die ebenfalls von der VNO betreuten Landkreise Harburg und Stade, die Hansestadt Lüneburg und den Hamburger Tarifverbund (HVV) zu beteiligen sind. Insbesondere die Hansestadt Lüneburg wird eine große Rolle spielen, wenn es um Busbeschleunigung und Parkraumbewirtschaftung geht. Die Besonderheiten des mittelalterlichen Stadtkerns sind bekannt.

Die Verwaltung schlägt daher vor, Kontakt zu den genannten Landkreisen, der Hansestadt Lüneburg und dem HVV aufzunehmen, um eine grundsätzliche Kooperation abzuklären. Bei einer entsprechenden Bereitschaft könnte eine Skizze für einen eventuellen weiteren Förderaufruf erarbeitet werden.

 

Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) ist zuständiger Verkehrs- und Tarifverbund für das Stadtgebiet der Hansestadt Hamburg und umliegende Gebiete in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Der Landkreis Lüneburg ist Gesellschafter dieses Verbundes. Auch im HVV ist eine Weiterentwicklung mit ggf. grundlegender Überprüfung und Neugestaltung des HVV-Tarifs in naher Zukunft geplant. Hierzu hat sich ein Facharbeitskreis Tarifreform gebildet. Es gibt wesentliche Pendlerbeziehungen nach Hamburg. Die Verwaltung rät davon ab, ohne Zusammenarbeit des HVV einen eigenen Tarif zu planen.

 

Sollte es dann zu einer Förderung kommen, wäre mindestens eine zusätzliche Projektstelle einzurichten und entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Die Höhe der Kosten kann noch nicht beziffert werden, sollte aber auch ggfs. in höherer Summe über den Projektzeitraum hinaus eingeplant werden.

 

Der HVV hat jedoch bereits für sein Gesamtgebiet einen Einnahmeverlust von mehr als 300 Mio. € pro Jahr geschätzt. Meinung der Verwaltung ist, dass finanzielle Mittel in erster Linie zur Angebotsverbesserung verwendet werden sollten. Angesichts knapper Mittel sollte auf keinen Fall eine Situation herbeigeführt werden, in der wegen erheblicher Einnahmeausfälle für Angebotsverbesserungen kein Geld mehr verfügbar ist.

 

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