Vorlage - 2020/337
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1 | 2020-09-27_Gutachten_Wasserentnahme.pdf (85 KB) |
Sachlage:
Die beantragte Grundwasserförderung und anschließende Vermarktung durch Coca-Cola hat einen starken Gemeinwohlbezug. Im Interesse einer objektiven und unvoreingenommenen Beurteilung der Sache brauchen wir ein unabhängiges Gutachten. Darin sollen Sachverständige zu den Folgen für die zukünftige Trinkwasserversorgung Stellung nehmen.
Ein unabhängiges Gutachten mit Blick auf die bisher nicht veröffentlichten Zahlen aus 2019 und 2020 soll hier den gewünschten fachlichen Hintergrund liefern, aufgrund dessen die Diskussion weitergeführt werden kann.
Stellungnahme der Verwaltung vom 29.09.2020:
Es wird davon ausgegangen, dass sich der Antrag auf die geplante dauerhafte Entnahme von 350.000 m³ im Jahr und nicht auf den Pumpversuch bezieht (beim Pumpversuch ist aufgrund der Einmaligkeit und der geringen Menge generell mit keiner nachhaltigen Auswirkung auf den Grundwasserkörper zu rechnen).
Für den dauerhaften Antrag auf Förderung lässt sich bis zum 1. Quartal 2021 ein solches Gutachten nicht erstellen. Erst auf Grundlage des Pumpversuchs, den Coca Cola in diesem Herbst durchführen will, lässt sich ein Gutachten erstellen.
Wie bereits in der Vorlage zum Wasserrechtsantrag Coca Cola (292/2020) ausgeführt, ist es Aufgabe des Antragstellers, ein entsprechendes Gutachten vorzulegen und nicht der Landkreis. Schon aus grundsätzlichen Erwägungen sollte dies auch so bleiben, sonst müsste die Verwaltung grds. bei jedem Verfahren wegen Zweifeln an der Unabhängigkeit des Antragstellers (die ist nie gegeben) dessen Aufgaben übernehmen.
Bei vielen Verfahren ist es erforderlich, dass Gutachten erstellt werden, um Auswirkungen von Vorhaben hinreichend beurteilen zu können. In der Regel ist es so, dass im Falle der Genehmigung ein einzelner, ein Betrieb oder mehrere Personen hiervon einen Vorteil haben - Beispiele:
• Windkraftanlagen - Artenschutz-, Schall-, Schattenwurfgutachten
• Stallanlagen/Biogasanlagen - Geruchs-/Stickstoffgutachten
• Diverse andere Vorhaben mit Artenschutz- und Biotopgutachten
• Wasserentnahmen für Feldberegnung, Bewässerung, Viehtränke, ...
• Straßenbau, Vorhabenbezogene Bebauungspläne, ...
In allen Rechtsmaterien ist es so geregelt, dass die Beweislast beim Antragsteller liegt, dieser also gutachterlich nachweist, welche Auswirkungen sein Vorhaben hat. Nach § 26 VwVfG ist der Antragsteller als Beteiligter zur Mitwirkung verpflichtet, also zur Vorlage von Gutachten Im speziellen Fall von Coca Cola besteht eine UVP-Pflicht. Hier ist das Verfahren im UVPG geregelt, nämlich die Pflicht des Antragstellers.
Grundlage für die Prüfung wasserrechtlicher Anträge auf Entnahme sind neben dem WHG die Erlasse und Leitfäden des Landes - u.a. der Grundwasserbewirtschaftungserlass, die Geofakten und Geoberichte.
Auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz heraus muss eine Behörde darauf achten, Verfahren gleichartig zu gestalten: Das gilt für Verfahren aller Art allgemein und für wasserrechtliche Verfahren im Speziellen. Das bedeutet, wenn ein Antrag gestellt wird, dass der Untersuchungsrahmen bzw. die erforderlichen Unterlagen mitgeteilt werden und der Antragsteller diese zu erarbeiteten hat. Dabei ist es, wie oben ausgeführt, in der Regel so, dass der Antragsteller am Ende einen persönlichen und oft einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Erlaubnis/Genehmigung hat. Trotzdem liegt die Beweispflicht bei diesem und geht der Gesetzgeber und in der Folge die Behörde davon aus, dass die Beweiserhebung sachgemäß und unabhängig erfolgt. Hierfür gibt es anerkannte Sachverständige. Es ist Aufgabe der Behörde, die Schlüssigkeit und das Ergebnis des Gutachtens zu prüfen. Kann sie dies selbst nicht, bedient sie sich anderer Fachbehörden und zur Not Sachverständiger, wenn dies gesetzlich geregelt ist (z.B. Prüfstatiker).
In Wasserrechtsverfahren ist das Verfahren und die Einbindung des Gewässerkundlichen Landesdienstes (GLD) abschließend geregelt. Auch geregelt ist, wie ein hydrogeologisches Gutachten erstellt wird und dass bereits bei der Erstellung der GLD einzubinden ist. Abgesehen davon, dass es sich um anerkannte unabhängige Gutachter handelt, die die Unterlagen erarbeiten, werden diese also auch bei der Erarbeitung überwacht. Eine Einflussnahme im Sinne des Antragstellers ist damit faktisch kaum möglich.
Der Untersuchungsumfang, der für das Vio-Verfahren betrieben wird - z.B. die Anzahl der Messstellen - ist sehr hoch und geht gemessen an der zu beantragenden Entnahmemenge deutlich über das hinaus, was in anderen Verfahren betrieben wird. Es ist unsachgemäß, nicht begründbar, unverhältnismäßig und ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, dem Antragsteller von vorn herein zu unterstellen, das Gutachten nicht ordnungsgemäß zu bearbeiten. Würde man hier die Erstellung des Gutachtens durch die Behörde fordern, müsste man dies in allen anderen Verfahren ebenfalls tun. Dies lässt sich aber weder aus den gesetzlichen und verfahrenstechnischen Grundlagen für Verwaltungsverfahren ableiten, noch wäre dies für die Behörden aufgrund ihrer Kapazitäten und finanziellen Möglichkeiten leistbar. Hierfür müsste der rechtliche Rahmen grundlegend geändert werden.
Apollinaris Brands ist bereits dabei, ein Gutachten zu erarbeiten und hat hierfür bereits erhebliche Investitionen getätigt. Die Erstellung des Gutachtens mit dem jetzigen Aufwand wird einschließlich des Betriebs der Messstellen sicher einen 6-stelligen Betrag kosten. Es gibt keine Rechtfertigung, dem Antragsteller die Kosten für ein weiteres Gutachten aufzuerlegen. Denn ein solches ist weder verfahrenstechnisch vorgesehen noch im Einzellfall gerechtfertigt. Die Kosten dafür hätte also der Landkreis zu tragen. Zudem entstünde ein sehr großer personeller Aufwand, für den keine Kapazitäten vorhanden sind.
Es ist damit zu rechnen, dass ein endgültiger Antrag, mit dem dann die Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet, erst Mitte nächsten Jahres vorliegt. Insofern fehlt im Moment die Grundlage für eine eigene Prüfung durch den Landkreis. Es besteht auch kein Zeitdruck. In der Resolution, die im Kreistag beschlossen wurde, wird die Verwaltung u.a. aufgefordert, regelmäßig über wesentliche Anträge auf Grundwasserförderung zu berichten. Das ist ohnehin von der Verwaltung so vorgesehen. In dem Zusammenhang können dann auch über Detailfragen berichtet und die Grundlagen erörtert werden, um Aussagen zur Objektivität des Gutachtens machen zu können. Auch die Aussagen des GLD können einbezogen werden.
Es sollte in jedem Fall sollte der Fortgang des Verwaltungsverfahrens für die Wasserentnahme (das noch nicht einmal begonnen hat) abgewartet werden. In der jetzigen Form wird der Antrag für nicht umsetzbar und auch rechtswidrig gehalten.
Aktualisierte Sachlage der Verwaltung: Stand 09.10.2020
Die Verwaltung lädt für die nächste Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, Agenda 21 u. Verbraucherschutz Referenten des Gewässerkundlichen Landesdienstes (NLWKN und LBEG) ein.