Auszug - Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90 / Die Grünen vom 07.12.2021 zu Thema. "Gemeinsam gegen Rechtsextremismus" (Im Stand der 2. Aktualisierung der Verwaltung vom 16.12.2021)
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Wortprotokoll Beschluss Abstimmungsergebnis |
Vors. Mertz gibt bekannt, dass die Tagesordnungspunkte 19 und 19.1, sowie der als Tischvorlage eingegangene Änderungsantrag der AfD-Fraktion (Vorlage 2021/515) gemeinsam behandelt würden und erteilt den Antragstellern das Wort.
KTA Schulz-Hendel stellt den Antrag zu TOP 19.1 vor. Er schildert, dass uns Extremismus jeglicher Art im Alltag vor viele Herausforderungen stelle. Als besonders besorgniserregend empfinde er die Entwicklung der völkischen Siedler im ländlichen Raum, so auch im Landkreis Lüneburg als „Rückzugsort und Brutstätte ihrer neonazistischen Ideologien“ (Zitat). Er habe den Eindruck, dass einige Kommunen die Problematik nicht ernst nehmen, so auch der Vorsitzende der HVBs im Landkreis Lüneburg. Anders könne er sich die negative Stellungnahme nicht erklären, in der die Notwendigkeit der Einrichtung einer Beratungsstelle nicht bestätigt werde. Es werde angeraten, sich dem Antragsteller von rechten Aufmärschen entgegenzustellen. Seines Erachtens verschließe man hier die Augen vor der bestehenden Problematik. Zu Zeiten von starkem Rechtsextremismus müsse man sowohl politisch, als auch zivilgesellschaftlich etwas entgegensetzen. Die mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in Niedersachsen leiste hier eine hervoragende Arbeit, mache aber auch deutlich, wie wichtig ein zusätzliches Engagement der betroffenen Landkreise sei. Im Landkreis Celle habe man eine Stelle dahingehend eingerichtet, die vom Land finanziell bezuschusst werde. So sei , laut Bericht der mobilen Beratungsstelle Niedersachsen auch im Landkreis Lüneburg sowie in den angrenzenden Landkreisen Rechtsextremismus jeglicher Ausgestaltung zu finden. Es handele sich dabei um eine gefährliche Ideologie, die auf den ersten Blick sehr konservativ daherkäme, da sie unter Themen wie Heimat- und Naturschutz behandelt werde und damit zunächst erst einmal gar nicht erkennbar sei, was tatsächlich dahinterstecke. Dies mache nur allzu deutlich, dass auch in unserer Region Handlungsbedarf bestehe. Man müsse gegen diese Entwicklung entschieden vorgehen, bevor man diese nicht mehr gestoppt bekäme. Wenn es der allgemeine Wunsch sei, im Rahmen der Haushaltsberatungen über die angedachte Stelle noch einmal im Fachausschuss zu verhandeln, dann stimme er dem gerne zu. Hierbei könnten dann die Antragsgegenstände, wie Co-Finanzierung durch das Land Niedersachsen und Klärung der fachlichen Ausgestaltung der zu besetzenden Stelle mit der mobilen Beratungsstelle, mitberaten werden. Er stelle aber klar, dass sich am Grundsatz seines Antrages nichts ändern werde und er und seine Fraktion an den Punkten festhielten. Er bedanke sich bei den anderen Parteien, die mit ihm den Antrag gestellt hätten, dass man diesen gemeinsam auf den Weg gebracht habe und damit eine klare Kante gegen Rechts zeige.
LR Böther berichtet, dass die Arbeitsgemeinschaft der Hauptverwaltungsbeamten bereits nach Eingang des ersten Antrages im Sommer befragt worden sei. Dabei ging es nicht um die Einstellung zum Thema Rechtsextremismus an sich, sondern darum, ob das Instrument, dass hier gefordert werde, das Richtige sei, um die Problematik zu bearbeiten. Dazu habe sich die Arbeitsgemeinschaft entsprechend positioniert und er fände es nicht richtig, dass der Sprecher der Hauptverwaltungsbeamten daraufhin in einer Art und Weise dargestellt werde, die sich nicht gehöre. Man könne dem Anfang der Stellungnahme sehr gut entnehmen, wie man zum Thema Rechtsextremismus stehe und es wurde sich auch sehr klar gegen Rechts positioniert. In der weiteren Stellungnahme ginge es wie bereits ausgeführt, um das Instrument zur Bekämpfung, dass man nicht als das Geeignete erachtet habe. Er begrüße hingegen den Vorschlag, dass der Staatsschutz in eine der Fachausschusssitzungen eingeladen werde, damit er über die Situation zum Rechtsextremismus im Landkreis vortragen könne. Er habe dies bereits mit der Polizei bereits besprochen und habe auch in seiner früheren Position als Bürgermeister gute Erfahrungen gemacht, da die Polizei sehr gut darüber informiert sei, welche Aktivitäten im Landkreis vor sich gingen. Die Aufklärung der derzeitigen Situation sei eine gute Bais zur Vorbereitung des weiteren Vorgehens.
KTA Bothe stellt seinen Änderungsantrag (Tischvorlage hier TOP 19.2) vor. Politischer Extremismus sein in jeglicher Form abzulehnen. Daher könne man sich nicht nur für eine Form des politischen Extremismusses entscheiden, wie im Falle des von Herrn Schulz-Hendel vorgestellten Antrags gegen Rechstextremismus. Es entstünde der Eindruck, dass Formen wie Linksextremismus, islamischer Extremismus etc. ignoriert oder sogar toleriert würden, weil sie derzeit keine Bedrohung darstellten. Der Antrag gehe seines Erachtens in die falsche Richtung, da hier wieder eine Stelle geschaffen werden solle, die dann aus dem eigenen Millieu besetzt würde, um Lobbypolitik zu betreiben. Der Rechtsextremismus werde nicht durch die Schaffung einer zusätzlichen Stelle bekämpft. Viel wichtiger sei es sich als Kreistag gegen politischen Extremismus auszusprechen, egal von welcher Seite dieser bestehe. Man habe im Kreistag eine gefestigte Demokratie, mit der man in der Lage sei gemeinsame Lösungen zu erarbeiten und man solle auch Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger haben, dass diese sich nicht extremistischen Gruppen anschlössen, sondern die freiheitlich demokratische Grundordnung ebenfalls leben. Der Antrag seiner Fraktion beinhalte ein klares Bekenntnis zur freiheitlich, demokratischen Grundordnung und zur Meinungsfreiheit im Landkreis Lüneburg anstelle von Lobbypolitik, die im eigenen Sinne durchgeführt werde.
KTA Peyko teilt mit, dass er den Antrag seiner Fraktion sowie auch den der Grünen und Linken gerne an dieser Stelle untermauern wolle. Man habe gerade am Wochenende wieder ein treffendes Beipiel von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit erlebt. Ein Profifußballspiel sei aufgrund von rassistischen Äußerungen eines Zuschauers gegenüber einem Spieler abgebrochen worden, was er persönlich sehr konsequent finde. Es sei längst an der Zeit solche Vorfälle nicht mehr als Einzelfälle abzutun und einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen, sondern klare Zeichen zu setzen. Genau das solle man als Landkreis trotz der angespannten Haushaltslage auch tun. Hier ginge es nicht nur darum, dass man eine neue Stelle in der Verwaltung besetze. Der Landkreis müsse sich eindeutig positionieren. Man sollte sich in seiner Region, an seinem Wohnort gemeinschaftlich gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Demokratiefeindlichkeit stellen, denn all diese Punkte umschlössen das Thema Rechtsextremismus. Dieser finde schon lange nicht mehr in Springerstiefel oder Bomberjacke statt. Rechtsextremismus suche sich vorallem verdeckt und unterschwellig Vorort und im sozialen Netzwerk auf unterschiedlichste Art und Weise seinen Weg. Die Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund seien laut Bundesamt für Statistik in den vergangenen 3 Jahren deutlich gestiegen und die Dunkelziffer dürfte seiner Einschätzung nach noch viel höher liegen. Er könne aus eigener Erfahrung durch seinen beruflichen Background sagen, dass eine ausreichende Information über die Thematik bei vielen Bürgerinnen und Bürgern noch nicht angekommen sei. Daher benötige man eine Fachkraft in der Verwaltung, die sich dem komplexen Thema annehme, ein entsprechendes Netzwerk aufbaue und die Bürgerinnen und Bürger sensibilisiere und zudem Ansprechpartner für Betroffene sei. Sie solle die Unterstützung für etablierte Einrichtungen wie z.B. den Kriminalpräventionsrat sein. Es ginge hier im auch um Präventivmaßnahmen, um die Demokratie im Landkreis weiterhin zu stärken. Er bitte daher um Zustimmung.
KTA Dubber findet, dass die Zunahme rechtsextremer Überzeugungen sehr besorgniserregend sei. Gerade vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit machten ihn die täglichen Meldungen in den Medien fassungslos. Besonders bedenklich sei es, wenn die Anwesenheit Rechtsradikaler bei Demonstrationen von der Mehrheit geduldet werde und auch Bedrohungen von politisch handelnden Menschen mittlerweile zur Tagesordnung gehörten. Nebenbei sehe er es kritisch, dass mittlerweile eine Partei, die sich für demokratisch halte, ganz selbstverständlich im Landtag, im Bundestag und auch im Kreistag sitze. Trotzdem könne man dem Antrag heute nicht zustimmen, da bezüglich der Thematik noch großer Beratungsbedarf bestünde. Man wolle erst einmal den Staatsschutz anhören, um dann weiter diskutieren zu können. Des Weiteren sollten auch die Gemeinden dazu nochmals eingebunden werden, die die Einrichtung der geforderten Stelle momentan als nicht geeignet ansehen. Daher halte er es für sinnvoll, die Beratungen im Fachausschuss fortzusetzen. Es wundere ihn, dass die SPD-Fraktion so einen Antrag stelle, obwohl sie dem Haushalt aufgrund der vielen neuen Personalstellen, die im übrigen für Pflichtaufgaben des Landkreises vorgesehen seien, nicht zustimmen wolle. Hier solle aber eine halbe Stelle im freiwilligen Bereich einfach durchgewunken werden. Ob diese Stelle notwendig sei, werde man am Ende der Diskussion feststellen.
KTA Kamp antwortet, dass es ihm bei den Haushaltsberatungen nicht um die Personalstellen, sondern um die 4%ige Steigerung der Kreisumlage gegangen sei, der er nicht habe zustimmen wollen. Wenn die CDU-Fraktion noch Beratungsbedarf zur Thematik habe, stimme er gerne zu, dass dies noch einmal im Fachausschuss besprochen werde.
KTA Schulz-Hendel stellt klar, dass er den Vorsitzenden der HVBs nicht verunglimpfen wollte, indem er ihm die Verharmlosung des Rechtsextremismus unterstelle. Er habe lediglich kritisiert, dass er diese notwendige Stelle ablehne und stattdessen den Rat gegeben habe, dass man bei Aufmärschen der Rechtsextremisten einfach Präsenz zeigen solle. Dies stünde im Übrigen in der besagten Stellungnahme so drin, aber vielleicht ließe sich noch aufklären, wer von den HVBs tatsächlich hinter dieser Stellungnahme stehe und wer nicht. Den Vorwurf hier eine Stelle schaffen zu wollen, um persönlichen Lobbyismus zu betreiben, weise er entschieden zurück. Zudem stelle er klar, dass in seinem vorherigen Redebeitrag nicht die Rede davon gewesen sei, den Staatsschutz oder die Polizei im Fachausschuss anzuhören. Dennoch begrüße er diesen Vorschlag und finde die Idee gut. Er erwarte von der Überweisung des Antrages in den Fachausschuss, dass dort die einzelnen Punkte entsprechend besprochen und abgearbeitet würden, damit dieser nach Beschluss des Haushaltes entsprechend umgesetzt werden könne. Zudem bitte er darum, nicht nur den Staatsschutz, sondern auch die mobile Beratungsstelle in die Sitzung mit einzuladen, damit offene Fragen geklärt werden könnten, die bei der CDU-Fraktion bestünden und damit bei allen Beteiligten der gleiche Wissenstand vorherrsche.
LR Böther bestätigt, dass alle der Entscheidungsfindung dienlichen Stellen gerne mit in den Fachausschuss eingeladen könnten, so auch die mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus.
KTA Bösehans bedankt sich bei allen Beteiligten, dass diese bei dem Antrag mitwirken. Die geforderte Stelle sei eine Brücke, um Betroffenen eine Unterstützung zu bieten, wie man mit der Problematik umgehe. Gerade in der Coronapandemie, bei der Demonstrationen häufig von rechtsextremen Gruppierungen als Plattform genutzt würden. Er wolle in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die Stellungnahme der Hauptverwaltungsbeamten eingehen. Nach seiner Einschätzung sei die Polizei nicht die richtige Stelle, an die man sich wende, wenn man ein Problem mit Rechtsextremismus habe. Die Vergangenheit der letzten Jahre habe dies gerade bei bewiesenen Fällen gezeigt. Dies sei seine persönliche Meinung dazu. Des Weiteren unterstütze er den Antrag, da er auf jeden Fall Handlungsbedarf in der Thematik sehe.
LR Böther antwortet, dass er die von KTA Bösehans vorgetragenen Anschuldigungen, dass sich die Polizei nicht um diese Problematik kümmere und nicht der richtige Ansprechpartner sei, entschieden zurückweise. Aufgrund der Reaktion, die er gerade im Saal wahrgenommen habe, könne er da auch für alle Anwesenden sprechen. Die Polizei sorge für unsere Sicherheit und kümmere sich um die Thematik, dies wolle er noch einmal ausdrücklich klarstellen.
EKR Krumböhmer antwortet, dass er finde, dass das Gespräch in eine total falsche Richtung gehe. Er selbst habe mit dem für die Thematik zuständigen Sachbearbeiter bei der Polizei zusammengesessen. Er halte es für schwierig, wenn gerade diejenigen, die dafür sorgen unsere Gesellschaft in so einer schwierigen Phase zusammenzuhalten, hier angegriffen würden. Dies führe zu einer Spaltung, die gerade denjenigen zugute käme, gegen die es hier zu kämpfen gelte. Aus den geführten Gesprächen mit der Polizei sei ganz deutlich hervorgegangen, wie diese gegen Rechtsextremismus vorgehe. Dies zeige, dass die Polizei sehr engagiert sei und der Bevölkerung in der Vergangenheit sowie in der Zukunft als Partner zur Seite stehe.
KTA Schröder-Ehlers sagt, dass sie und ihre Fraktion sich zu KTA Bösehans und seinen Aussagen zur Polizei ausdrücklich distanzieren. Man stehe seitens ihrer Fraktion hinter der Polizei, die eine sehr wichtige Einrichtung in unserem Staat darstelle und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade in dieser Zeit großartige Arbeit leisteten. Man dürfe solche Aussagen, wie die des KTA Bösehans, auf gar keinen Fall aktzeptieren.
KTA van den Berg stellt einen Antrag zur Geschäftsordnung. Er empfehle den Antrag in den Finanzausschuss zu überweisen, damit im Kreistag keine Fachdiskussion geführt werde. Daher beantrage er die Überweisung des Antrages in den AFP und den Schluss der Debatte.
Vors. Mertz erteilt Herrn Bothe als Antragsteller vor dem Schluss der Rednerliste noch einmal das Wort.
KTA Bothe kritisiert, dass ihm antidemokratische Gesinnungen vorgeworfen worden seien. Er stelle klar, dass er sein Leben lang Demokrat sei und daher weise er diese Anschuldigungen entschieden zurück. Zudem distanziere er sich ebenfalls von der Aussage der KTA Bösehans zur Polizei. Der Polizei Rechtsextremismus vorzuwerfen, sei eine Frechheit. Die zuständige Einheit des FK4 leiste hervorragende Arbeit für den Landkreis Lüneburg. Er betone noch einmal, dass seine Partei eine demokratische Partei sei und er dahingehend auch entsprechenden Respekt erwarte.
Vors. Mertz schließt die Rednerliste und weist darauf hin, dass der zuständige Ausschuss nicht der Finanzausschuss, sondern der Ausschuss für Feuer- Katastrophenschutz und Ordnungsangelegenheiten sei, der im ersten Schritt für den Inhalt zuständig sei. Der AFP sei dann wegen der geforderten Stelle im zweiten Schritt noch zu beteiligen.
Beschluss:
Der Antrag wird in den Ausschuss für Feuer- Katastrophenschutz und Ordnungsangelegenheiten am 06.01.2022 überwiesen.
Abstimmungsergebnis: Mehrheitlich bei 3 Gegenstimmen