30.05.2024 - 5 Sachstand zur Reaktivierung der Bahnstrecke Lün...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 5
- Gremium:
- Ausschuss für Mobilität
- Datum:
- Do., 30.05.2024
- Status:
- öffentlich (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 15:00
- Vorlageart:
- Berichtsvorlage
- Federführend:
- Umwelt
- Bearbeitung:
- Stefan Borchers
- Beschluss:
- zur Kenntnis genommen
Wortprotokoll
Herr Schülke (technischer Leiter der Schieneninfrastruktur Ost-Niedersachsen GmbH (SInON)) stellt den aktuellen Planungsstand in der Sitzung anhand einer Präsentation vor. Die SInON stehe im engen Austausch mit der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG).
Auch im Jahr 2024 würden, wie bereits in den Vorjahren, verschiedene Modernisierungsmaßnahmen an der Strecke Lüneburg-Soltau umgesetzt: Zwei technische Sicherungen seien bereits erneuert worden. Aktuell würden sechs Kilometer Gleis und fünf Weichen in verschiedenen Abschnitten modernisiert, außerdem würden an der Ilmenaubrücke in Lüneburg die Brückenbalken erneuert. Hinzu kämen weitere technische Sicherungen. Damit würden in diesem Jahr 16,6 Mio. € in die Strecke investiert. Diese Investitionen würden im Zuge des Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetzes (SGFFG) gefördert. Die Förderanträge für die 2025 umzusetzenden Maßnahmen seien jedoch abgelehnt worden, da die Förderung im Zuge des SGFFG durch die Bundesregierung extrem zurückgefahren worden sei. Die noch ausstehenden Modernisierungen der Strecke Lüneburg-Soltau müssten daher im Zuge der Reaktivierung für den SPNV erfolgen.
Die für die Reaktivierung erforderlichen Planungsleistungen hätten für die verschiedenen Bereiche an insgesamt vier Ingenieursbüros vergeben werden können, sodass der Planungsprozess voranschreiten könne. Die SInON plane mit zwei Szenarien eines Bedienungskonzeptes: einer schnellen Verbindung zwischen Lüneburg und Soltau mit fünf Halten gegenüber einer langsameren Verbindung mit acht Halten. Etwa 95 % der Baumaßnahmen an der Strecke seien für beide Bedienungskonzepte gleich. Insgesamt würden vorerst beide Bedienungskonzepte verfolgt, die Entscheidung für eines der beiden Szenarien erfolge erst am Ende des Planungsprozesses.
Zur Ermittlung der Nachfrage seien Mobilfunkdaten angekauft worden, die auch touristische Bedarfe abbildeten. Da aufgrund der touristischen Ausrichtung keine durchschnittlichen Wochentage (i. d. R. Dienstag oder Mittwoch) festgelegt werden konnten, wurde der tatsächliche Durchschnitt über 365 Tage ermittelt. Durch die Anzahl der wirklichen Bewegungen zwischen den einzelnen Verkehrszellen könnten die Bedarfe sehr genau ermittelt werden. Gewertet werde jeder Aufenthalt in einer Verkehrszelle von mindestens 30 Minuten. In Bispingen entlang der Autobahn A 7 sei dieser Wert auf 120 Minuten erhöht worden, da dieser Bereich von Einrichtungen belegt ist, an denen Autos Rast machen; deren Berücksichtigung würde das Ergebnis verfälschen. So könnten schließlich das Fahrtenpotenzial für die möglichen Haltepunkte in einem Verkehrsmodell ermittelt werden und die tatsächlich zu bedienenden Haltepunkte faktenbasiert festgelegt werden. Derzeit würden die Kosten für eine Reaktivierung im SPNV auf etwa 30 Mio. € geschätzt. Bei einer Überschreitung der Investitionssumme von 30 Mio. € sei eine vereinfachte standardisierte Bewertung nicht mehr möglich, weshalb die SInON hiervon von vornhinein Abstand nehme. Im Zuge der umfassenden standardisierten Bewertung könnten auch beide Haltepunktszenarien bewertet und eine Entscheidung getroffen werden.
Das Bedienungskonzept soll um den Jahreswechsel 2024/25 herum fertiggestellt sein. Im Anschluss könnte die Antragstellung für das Förderprogramm des Bundes erfolgen. Dafür müsse des Land Niedersachsen bestätigen, dass es den SPNV auf der reaktivierten Strecke für mindestens 20 Jahre bestellen werde. Derzeit stiegen die vom Bund an die Länder ausgekehrten Regionalisierungsmittel nur um 1,6 % jährlich, die Kosten der bereits von den Ländern bestellten SPN-Verkehren stiegen aber deutlich stärker. Teilweise seien sogar bereits bestellte und betriebene SPN-Verkehre nicht mehr finanzierbar. Ob daher zusätzliche Verkehre finanzierbar seien, sei offen; bisher sage das Land die Bestellung des SPNV zwischen Lüneburg und Soltau aber zu.
Die Haltepunkte in der Hansestadt Lüneburg seien durch eine Arbeitsgruppe festgelegt worden. Der Haltepunkt Universität am Kurpark sei eindeutig gewesen. Dieser habe genug Abstand zum Haltepunkt Kunkelberg, sodass letzterer ggf. später noch realisiert werden könne. Für einen Haltepunkt Retmer/Häcklingen seien vier Varianten betrachtet worden: der alte Bahnhof an der Lüneburger Straße, an der Straße Drögenkamp, an der Straße Wischfeld oder zwischen den beiden letzteren. Am Ende seien der Standort Drögenwisch und der alte Bahnhof gleich hoch bewertet worden, weshalb der alte Bahnhof als Standort für den Haltepunkt ausgewählt worden sei. Dort sei eine große Fläche für die benötigte Infrastruktur vorhanden (P+R-Parkplätze, Radabstellanlagen, usw.) und es sei eine gute Erschließung über die Lüneburger Straße vorhanden.
KTA Kruse-Runge fragt, ob sich der ausgewählte Standort beim Kiebitzmarkt befinde.
Herr Schülke bejaht dies. Die SInON strebe einen Betriebsbeginn der reaktivierten Strecke im Jahr 2027 an. Am Bahnhof Lüneburg-West sei die Deutsche Bahn sehr bemüht voranzugehen. Im Zuge des Ausbaus des Hochleistungskorridors würden die Signaltechnik angepasst und zusätzliche Bahnsteige am Bahnhof Lüneburg-West errichtet. Die LNVG schreibe die für den Einsatz vorgesehenen Akkutriebwagen aus, die Lieferung solle 2029 erfolgen. Um diese einsetzen zu können, müsse eine Oberleitungsinsel zum Laden im Bahnhof Soltau errichtet werden. Dies werde nach Aussage der Deutschen Bahn aber frühestens 2030 erfolgen. Daher geht Herr Schülke davon aus, dass in der ersten Zeit nach der Reaktivierung Dieseltriebwagen zu Einsatz kommen.
Zum Themenblock Lärm- und Erschütterungsschutz werde ein Gutachten ausgeschrieben. Auf dieser Grundlage würden an den Orten Immissionsschutzmaßnahmen erfolgen, an denen die Grenzwerte überschritten werden. Dabei werde es um punktuellen Lärmschutz gehen, große Lärmschutzanlagen seien nicht gerechtfertigt.
Als ein nächster Schritt würden Gespräche mit den Gemeinden zu den Umfeldern der Haltepunkte geführt werden, in denen Wünsche und Möglichkeiten für die Infrastruktur der Haltestellenumfelder ausgetauscht würden. Auch stehe in diesem Zusammenhang eine Fördermittelberatung der LNVG für die Gemeinden zur Verfügung. Auch werde aktuell geplant, welche Bahnübergänge längs der Strecke aufgehoben werden könnten. Insgesamt sei davon auszugehen, dass von aktuell 77 Bahnübergängen etwa ein Drittel aufgehoben werde. Bahnübergänge seien ein betriebliches Problem, da Störungen der technischen Sicherung zu Verspätungen führten. Die Anzahl der Bahnübergänge sei daher zu reduzieren. Schließlich sei mit den Landkreisen Lüneburg und Heidekreis als Aufgabenträger des ÖPNV das Buskonzept anzupassen, um Parallelverkehre zu vermeiden. Die Entwurfsplanung insgesamt solle zum Jahreswechsel 2024/25 abgeschlossen sein, sodass dann das Planfeststellungsverfahren beginnen könne.
Herr Prof. Dr. Pez bedankt sich für den guten fachlichen Austausch. Wenn die langfristig geplanten Akkutriebwagen nicht rechtzeitig zur Verfügung stünden und eine Reaktivierung im ersten Schritt nur bis Amelinghausen oder Bispingen erfolge, bestehe dann die Möglichkeit, diese Phase als Testphase zu nutzen und z. B. die bedienten Haltepunkte zu erproben?
Herr Schülke erwidert, dass diese Möglichkeit einer Testphase von einer guten Vertaktung in Lüneburg abhänge. Bei einer unattraktiven Anbindung sei davon auszugehen, dass das Fahrgastpotenzial nicht ausgeschöpft werde und daher in einer Testphase nicht abgebildet werde. Das Szenario mit einer kurzen Reisezeit von Lüneburg nach Soltau und fünf Haltepunkten basiere auf der Annahme, dass zwischen Soltau und Hannover ein Halbstundentakt im SPNV eingeführt werde. Ob dies tatsächlich geschehe, sei jedoch fraglich. Falls nein, käme für die Strecke Lüneburg-Soltau auch ein anderes Betriebskonzept in betracht.
Herr Neumann wirft die Frage auf, was technische Sicherungen an Bahnübergängen seien. Welches Drittel der Bahnübergänge solle aufgegeben werden? Handele es sich dabei um landwirtschaftliche Querungen? Könnten hier Umlaufsperren für Fußgänger eine Lösung sein? Er weist ferner darauf hin, dass eine Beleuchtung der Haltepunktzuwegungen nicht nur für nachts zu berücksichtigen sei. Im Winter sei es bereits ab 16 Uhr dunkel, dies möge nicht außer acht gelassen werden. Würden die Haltepunkte selbst durch die SiNON errichtet, für das Umfeld seien aber die Gemeinden zuständig? Wie sehe diesbezüglich die Zeitplanung aus? Wir würden Car-Sharing-Angebote und Radverkehrsinfrastruktur berücksichtigt?
Herr Schülke entgegnet, dass es sich bei den aufzulassenden Bahnübergängen v. a. um solche im Zuge von Wald- und Feldwegen handele, wenn Ersatzwege schaffbar seien. Bei technischen Sicherungen handele es sich vor allem um Ampelanlagen, da Schranken als bewegliche Teile störanfällig seien. Die genaue Abgrenzung zwischen dem Haltepunkt selbst und seinem Umfeld sei unklar. Die Einrichtung eines großen P+R-Platzes z. B. falle jedoch eindeutig in die Zuständigkeit der Gemeinde. Die SiNON wolle jedoch grundsätzlich großzügig sein, da es sich bei den von ihr verausgabten Fördermitteln um Bundesmittel handele, während die LNVG-Förderung aus Landesmitteln bestehe.
Der Vorsitzende KTA Blankenburg fragt, ob der Landkreis an den Gesprächen mit den Gemeinden zu den Haltepunkten teilnehmen solle; es handele sich um potenzielle HVV-Switch-Punkte.
Herr Gallmeister, kommissarische FDL 45, bekräftigt, dass dies der Wunsch des FD Mobilität sei, um eine gute multimodale Mobilitätskette herstellen zu können. Bei der Reaktivierung des Bahnhaltes in Adendorf habe dies nicht gut funktioniert, daraus seien Lehren zu ziehen.
KTA Dr. John wirft die Frage auf, ob die Reaktivierung der Bahnstrecke Lüneburg-Soltau im Mobilitätsgutachten berücksichtigt werde.
Herr Gallmeister, kommissarische FDL 45, erwidert, dass die Schwerpunkte des Mobilitätsgutachtens an anderer Stelle lägen. Auch sei davon auszugehen, dass das Gutachten bereits vor der Reaktivierung fertiggestellt sei. Selbstverständlich werde jedoch die Reaktivierung bei der ÖPNV-Planung mitgedacht. Die Variante mit wenigen Haltepunkten erfordere mehr zusätzlichen Busverkehr als die Variante mit mehr Haltepunkten.
Herr Schülke berichtet abschließend zur niedersachsenweiten Reaktivierungsstudie des Landes. Es handele sich um ein vierstufiges Vorgehen. Aktuell würden 21 Strecken in der zweiten Stufe untersucht. Zusammen mit zwei weiteren Strecken habe die Strecke Lüneburg-Bleckede hier den dritten Platz belegt. Es erfolge eine Nutzwertanalyse der Strecken, da die Ermittlung von Nutzen-Kosten-Indikatoren bereits in diesem Schritt zu aufwendig wäre. Die Kriterien hierfür würden vom Lenkungskreis in seiner Sitzung am 30.06.2024 festgelegt, am 04.12.2024 sollten die Ergebnisse im Lenkungskreis vorgestellt werden.
KTA Kruse-Runge unterstützt eine gute Bewertung der Strecke Lüneburg-Bleckede.
Anlagen
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