Danach suchen andere
Zum Inhalt springen
Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - 2011/191

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

 

 

 

Beschlussvorschlag:

Dem Kooperationsvertrag zur Einrichtung eines psychiatrischen Krisendienstes beim Landkreis Lüneburg in der Fassung des anliegenden Entwurfs vom 10.06.2011 wird zugestimmt. Die Verwaltung wird bevollmächtigt, redaktionelle Änderungen in Verhandlungen mit der Psychiatrischen Klinik Lüneburg gGmbH vorzunehmen.

Reduzieren

Sachverhalt

 

 

 

Sachlage:

Im Landkreis Lüneburg gibt es seit vielen Jahren Bestrebungen, einen psychiatrischen Krisendienst einzurichten. Auf die Sitzungsvorlage 2010/181 nebst Anlage wird verwiesen.

 

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 20.12.2010 40.000 Euro für die Finanzierung eines psychiatrischen Krisendienstes für das Jahr 2011 eingestellt. Diese Mittel bezogen sich auf die Gesamtkosten für ein Haushaltsjahr.

 

In der Zwischenzeit hat es verschiedene Gespräche gegeben. Ausfluss ist der anliegende Kooperationsvertrag zur Einrichtung eines psychiatrischen Krisendienstes. Er beruht auf einem Gespräch am 10.06.2011.

 

1. Zielsetzung und Begriff

 

Die Bedeutung des neuen Angebotes wird besser verständlich, wenn man es von bereits bestehenden Instrumenten abgrenzt.

 

Bekannt ist die Telefonseelsorge, die auch im Landkreis Lüneburg verfügbar ist. Sie wendet sich in der Regel an anonyme Anrufer, denen ein Gesprächsangebot gemacht wird.

Aus der Telefonseelsorge erwachsen in der Regel keine verbindlichen Folgemaßnahmen. Der Anrufer kann sich ggf. an andere Hilfsorganisationen wenden.

 

Mit dem psychiatrischen Krisendienst würden Menschen in akuten psychiatrischen Notlagen eine kurzfristig verfügbare Hilfe bekommen, die über Gesprächen am Telefon hinaus sofort oder in den nächsten Tagen weitere Beratungs- oder Therapieangebote nach sich ziehen könnte. Insofern ist das Angebot des Krisendienstes in der Regel nicht anonym und die Hilfen enden nicht mit dem Telefongespräch.

 

Auf der Grundlage des Niedersächsischen Psychisch-Krankengesetzes (NPsychKG) ist der Landkreis für die Unterbringung von psychisch Kranken zuständig, wenn eine akute erhebliche Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt. In solchen Fällen können gegen den Willen des Betroffenen Einweisungen in die Psychiatrische Klinik veranlasst werden.

 

Im Gegensatz dazu würde ein psychiatrischer Krisendienst nur solche Hilfen anbieten und umsetzen können, die von dem Anrufer gewünscht und akzeptiert werden. Menschen in psychiatrischen Notlagen wünschen Hilfen, die ihr Selbstbestimmungsrecht unberührt lassen.

 

Trotzdem kann im Einzelfall bei konkreten Hinweisen auf eine Eigen- oder Fremdgefährdung das Instrumentarium des NPsychKG erforderlich werden.

 

Der psychiatrische Krisendienst ist prinzipiell nicht für solche Menschen gedacht, die sich bereits aktuell in einer Behandlung befinden. Hierbei ist prinzipiell davon auszugehen, dass die jeweilige Einrichtung, die die Behandlung sicherstellt, aus eigener Kraft eine Betreuung außerhalb der Dienstzeiten organisiert. Durch die Einrichtung des psychiatrischen Krisendienstes sollen andere Einrichtungen nicht in die Lage versetzt werden, ihre Hintergrunddienste an Wochenenden und in Nachtzeiten herunterzufahren. Dies wäre auch fachlich kaum zu vertreten, da die Bezugstherapeuten der Einrichtungen ihre Klientel weitaus besser kennen als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Krisendienstes.

 

 

2. Bedeutung des Krisendienstes

 

Die stationäre Versorgung mit der Psychiatrischen Klinik in Lüneburg bedeutet für die Bevölkerung des Landkreises Lüneburg eine gute Infrastruktur. Hierbei spielt insbesondere die Psychiatrische Institutsambulanz eine große Rolle, die auch Patienten betreut, die momentan nicht stationär aufgenommen sind. In dem Sinne ist auch die Tagesklinik zu nennen.

 

Allerdings gibt es viele Menschen, die nicht aktuell in psychiatrischer Behandlung sind und die im Falle von Krisen außerhalb normaler Dienstzeiten nicht wissen, an wen sie sich wenden können. Eine Inanspruchnahme der Notaufnahme eines Krankenhauses wird aus verschiedenen Gründen in der Regel nicht gewünscht und ist oft in diesen Situationen auch nicht erforderlich.

 

Mit dem psychiatrischen Krisendienst sollen Betroffene, aber auch ihre Angehörigen, eine akzeptable Hilfsmöglichkeit erhalten.

 

3. Qualität

 

Für alle Betroffenen ist wichtig, dass der psychiatrische Krisendienst im Einzelfall ein nachfolgendes Hilfsangebot unterbreitet. Dies kann in einem sofortigen Hausbesuch bestehen oder auch in einem Verweis auf andere Angebote im Raum Lüneburg.

Aus Qualitätsgründen soll der Krisendienst prüfen, ob die Übergabe in die empfohlenen Hilfsangebote funktioniert hat. Damit soll sichergestellt werden, dass Einzelfälle nicht verloren gehen. Ein psychiatrischer Krisendienst sollte mit fachkundigem Personal besetzt sein. Hierbei ist vorgesehen, nur qualifizierte Personen mit entsprechender Berufserfahrung vorzusehen.

 

Auch ein ärztlicher Hintergrunddienst ist aus qualitativen Gründen erforderlich.

 

4. Trägerschaft

 

Die Organisation des Krisendienstes kann auf vielfältige Weise realisiert werden. Träger könnte der Landkreis Lüneburg sein, der Träger des Sozialpsychiatrischen Dienstes ist. Nach eingehender Diskussion wird dieser Ansatz jedoch nicht weiterverfolgt. Der Landkreis Lüneburg müsste viele Funktionen, die an anderen Stellen in und um Lüneburg bereits vorhanden sind, redundant sicherstellen. Aus vielen Gründen (Nutzung von Synergien, Kosten, Vereinfachung von Vorgängen in den Hilfssystemen usw.) bietet sich die organisatorische Anbindung an einen großen Leistungsträger vor Ort an.

 

In Gesprächen mit der Psychiatrischen Klinik Lüneburg wurde von dort die Bereitschaft erklärt, die Trägerschaft zu übernehmen. Hiermit stünden das Fachwissen und die Organisationskraft der größten einschlägigen Einrichtung im Landkreis Lüneburg für dieses Thema zur Verfügung.

 

Die Gesamtverantwortung für Organisation und Personal lägen damit bei der Psychiatrischen Klinik.

 

Nachteile dieser Lösung könnten in der Neutralität des Krisendienstes liegen. Da der Landkreis jedoch in das Meldeverfahren über die FEL eingebunden ist, kann er im Interesse anderer Leistungserbringer darauf achten, welche nachfolgenden Hilfen aus dem Krisendienst heraus empfohlen werden. Außerdem sieht § 12 einen Begleitausschuss vor.

 

5. Finanzierung

 

Im Gespräch mit der Geschäftsführung wurde deutlich, dass die vom Landkreis Lüneburg bereitgestellten 40.000 Euro nicht ausreichen, um voll umfänglich über 365 Tage im Jahr außerhalb der Öffnungszeiten der übrigen Leistungsanbieter einen Krisendienst zu organisieren. Nach einigen Gesprächen bildete sich als Lösungsweg heraus, den zeitlichen Umfang des Krisendienstes in der Anfangsphase so zu gestalten, dass die finanziellen Mittel ausreichen. Konkret würde sich der Krisendienst zunächst auf Wochenenden und Feiertage konzentrieren, dort aber rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

 

Die Psychiatrische Klinik Lüneburg hat sich dabei bereit erklärt, einen eigenen Anteil im Wert von ca. 10.000 Euro pro Jahr einzubringen.

 

Allen Beteiligten ist klar, dass in einer Anfangsphase Erfahrungen mit diesem neuen Angebot gesammelt werden müssen. In vielfältiger Hinsicht werden sich voraussichtlich in der Startphase Anpassungsbedarfe ergeben. Deshalb ist vertraglich ein hohes Maß an Flexibilität vorgesehen.

 

Insbesondere liegen noch keine verlässlichen Aussagen darüber vor, mit welcher Inanspruchnahme der Krisendienst sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht zu rechnen hat. Auch ist noch nicht hinreichend bekannt, in welchen Zeiten sich Anrufe häufen bzw. in welchen Zeiten das Angebot mangels Nachfrage nicht erforderlich ist. So kann sich z. B. zeigen, dass in späten Nachtstunden keine Nachfrage besteht, sodass Dienststunden in die Werktage verlagert werden könnten.

Empfohlen wird daher, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu beginnen und Anpassungen vorzunehmen, sobald dies erforderlich erscheint. § 9 sieht vor, dass die Psychiatrische Klinik Lüneburg ihren Leistungsumfang reduzieren kann, wenn die Inanspruchnahme so hoch ist, dass die personellen Ressourcen nicht ausreichen.

 

Perspektivisch bietet sich die Nutzung von Synergien an, indem der Krisendienst mit dem Angebot der Psychiatrischen Krankenpflege verbunden wird. Noch ist im Landkreis Lüneburg eine Psychiatrische Krankenpflege nicht vorhanden. Allerdings ist damit zu rechnen, dass sich dies demnächst ändern wird.

 

Prinzipiell steht die Psychiatrische Krankenpflege nur für Personen zur Verfügung, die über eine entsprechende ärztliche Verordnung verfügen. Allerdings sind Möglichkeiten vorhanden, dieses Angebot auch für andere Nutzergruppen zu erschließen. Diese Entwicklung wird jedoch abzuwarten sein.

 

Da der psychiatrische Krisendienst erst im Verlaufe des Jahres 2011 den Betrieb aufnehmen wird, werden die im Haushalt verankerten 40.000,00 € nicht voll benötigt. In 2012 müssen aber 40.000,00 € ganzjährig veranschlagt werden.

 

6. Wissenschaftliche Begleitung

 

In den meisten ländlichen Bereichen gibt es noch keine psychiatrischen Krisendienste. Die Leuphana-Universität ist bereit, den Krisendienst für den Landkreis Lüneburg wissenschaftlich zu begleiten. Dabei wird es darum gehen, die Inanspruchnahme quantitativ und qualitativ zu erfassen und die weiteren Abläufe – insbesondere den Übergang vom Krisendienst in nachfolgende Hilfen – zu evaluieren. Aus den Erfahrungen des Krisendienstes können wertvolle Erkenntnisse für die Sozialplanung im Landkreis Lüneburg entstehen.

 

Weitere Details werden mündlich vorgetragen

Reduzieren

Anlagen

Loading...

Beschlüsse

Erweitern

23.06.2011 - Ausschuss für Soziales und Gesundheit - ungeändert beschlossen

Diese Themen könnten Sie auch spannend finden?

Der Landkreis 

Kreisentwicklung

Wahlen

Landrat Jens Böther

Kreispolitik

Kreisverwaltung