Beschlussvorlage - 2015/189
Grunddaten
- Betreff:
-
Ausschreibung der Verkehrsverträge des Landkreises Lüneburg 2019(im Stand der 1. Aktualisierung vom 23.10.2015)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Verwaltungsleitung
- Bearbeitung:
- Martina Lüttchen
- Verantwortlich:
- Krumböhmer, Jürgen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Wirtschaft und Touristik
|
Beratung
|
|
|
15.09.2015
| |||
●
Erledigt
|
|
Kreisausschuss
|
Entscheidung
|
|
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Wirtschaft und Touristik
|
Beratung
|
|
|
10.11.2015
| |||
●
Erledigt
|
|
Kreisausschuss
|
Beratung
|
|
●
Erledigt
|
|
Kreistag
|
Entscheidung
|
|
|
21.12.2015
|
Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
- Alternative 1:
Der Landkreis Lüneburg bereitet die Ausschreibung seiner Verkehrsverträge für die Zeit ab 2019 vor.
oder Alternative 2:
Der Landkreis Lüneburg bereitet eine allgemeine Vorschrift zur Regelung des straßengebundenen Öffentlichen Personenverkehrs ab 2019 vor.
- Die Geltungsdauer des neu zu erstellenden Nahverkehrsplans wird ausgeweitet bis zum Jahr 2022. Der Planungszeitraum im derzeitigen Aufstellungsverfahren wird entsprechend erweitert.
- Der Landkreis Lüneburg bereitet die Beauftragung eines Verkehrsgutachters zur Begleitung der verkehrsvertraglichen Neuregelungen ab 2019 vor.
Aktualisierter Beschlussvorschlag vom 23.10.2015:
Der Landkreis Lüneburg bereitet die Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten ab
dem Jahr 2019 durch den Erlass einer allgemeinen Vorschrift zur Festlegung von
Höchsttarifen vor.
Sachverhalt
Sachlage:
- Aufgabenträgerschaft, Zuständigkeiten
Der Landkreis Lüneburg ist Aufgabenträger für den straßengebundenen Öffentlichen Personenverkehr in seinem Gebiet, also für die Busverkehre. Er stellt den Nahverkehrsplan auf und ist für die Schülerbeförderung zuständig.
Schienenverkehre liegen in der Zuständigkeit der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG), einem Unternehmen des Landes Niedersachsen. Die LNVG vergibt die Genehmigungen für Busunternehmen. Daneben entscheidet sie über verschiedene finanzielle Förderungen - insbesondere über die Busförderung oder die Förderung der Einrichtung von Haltestellen.
Genehmigungsbehörden für Taxiverkehre sind Landkreis und Hansestadt Lüneburg. Das betrifft die Vergabe von Genehmigungen und die Festlegung von Tarifen.
Haltestellen werden von den jeweiligen Straßenbaulastträgern, also der Niedersächsischen Behörde für Straßenbau und Verkehr, den Landkreisen oder den Kommunen eingerichtet.
- Genehmigungen
Genehmigungen gewähren das ausschließliche Recht, in einem bestimmten Gebiet eine bestimmte Leistung – hier Busverkehre – anzubieten. Andere Anbieter können somit ausgeschlossen werden; es gibt nur einen einzigen Anbieter in einem Gebiet für die Laufzeit der Genehmigung. Das sind aktuell in der Regel 10 Jahre. Die Genehmigung ist aber auch mit der Pflicht verbunden, die Verkehrsleistung zur Verfügung zu stellen (Betriebspflicht). Das heißt, der Anbieter kann sich nicht auf die wirtschaftlich lukrativen Teile des Gebietes beschränken, er muss auch entlegene Gebiete bedienen. Das Gleiche gilt für die Betriebszeiten. Nicht nur in der Hauptverkehrszeit muss ein ausreichendes Angebot vorgehalten werden, auch in den nachfrageschwachen Zeiten muss ein Mindestangebot vorhanden sein.
Grundlage der vom Verkehrsunternehmen durchzuführenden Leistung ist zunächst nur der von ihm gestellte Antrag mit Fahrplan und Linienführung. Nur aus den Vorgaben des Aufgabenträgers an eine entsprechende Verkehrsbedienung können weitergehende Forderungen abgeleitet werden. Ansonsten gibt das PBefG keine Mindeststandards vor.
Kann der Unternehmer das Verkehrsangebot ohne öffentliche Zuschüsse allein aus seinen Einnahmen finanzieren, handelt es sich um einen eigenwirtschaftlichen Verkehr. Die eigenwirtschaftliche Genehmigung wird in einem Wettbewerb vergeben. Es können verschiedene Unternehmen ein Interesse bekunden. Die Nahverkehrsgesellschaft vergibt die Genehmigung an den Unternehmer mit dem besten Angebot. Maßstab ist jeweils, was der Aufgabenträger, also der Landkreis, im Nahverkehrsplan (dazu Ziff. 4) als Angebot definiert hat.
Benötigt der Unternehmer aber öffentliche Mittel zur Finanzierung, spricht man von einem gemeinwirtschaftlichen Verkehr. Bei der Genehmigung eines gemeinwirtschaftlichen Verkehrs prüft die Landesnahverkehrsgesellschaft ausdrücklich nicht, wie hoch die öffentlichen Zuschüsse ausfallen müssten. Die Zuschüssen sind nämlich von den Aufgabenträgern zu zahlen, nicht von der LNVG. Entscheidend für die LNVG sind die Qualität des Angebotes und die Frage, ob ein Verkehrsvertrag mit dem Aufgabenträger besteht.
Im Genehmigungswettbewerb gebührt dem Altunternehmer Vorrang, wenn die Angebote annähernd gleich sind.
In der Praxis ist oft strittig, ob es sich um einen eigenwirtschaftlichen oder gemeinwirtschaftlichen Verkehr handelt. Die Unterscheidung ist nicht immer offensichtlich.
- Verkehrsvertrag
Aufgabenträger - also Landkreis - und Verkehrsunternehmen können einen Verkehrsvertrag schließen. Darin sind nicht nur die Zuzahlungen der öffentlichen Hand geregelt, sondern auch der genaue Inhalt der Verkehrsleistung (Fahrplan) und Qualitäten (Alter und Ausstattung der Busse, Umweltstandards, Barrierefreiheit usw.) Der Aufgabenträger kann in dem Vertrag alle Verfahrensfragen regeln und muss für die von ihm bestellten Leistungen zahlen.
Die konkrete Zahlung ist recht schwierig zu regeln. Ursprünglich konnten die Unternehmer ihre Tarife frei bestimmen. Sie waren jedenfalls theoretisch so kalkuliert, dass sie den Kostenaufwand des Unternehmens zuzüglich einer Gewinnmarge deckten. Mit dem Beitritt des Landkreises Lüneburg zum HVV wurden abgesenkte Tarife eingeführt. Damit verloren die Busunternehmer einen Teil ihrer Einnahmen. Die Aufgabenträger mussten sich im Gegenzug verpflichten, die Alteinnahmen der Unternehmen mit einem jährlichen Aufschlag für Kostensteigerungen abzusichern (Alteinnahmesicherung). Die sich daraus ergebenden Ausgleichszahlungen sind praktisch die Gegenleistung für die Verkehrserbringung/die Tarifabsenkung im Landkreis Lüneburg.
Die Einnahmen aus dem Verkauf von Fahrkarten werden von den Unternehmen an den HVV abgeführt. Dort werden sie nach einem statistischen Verfahren (Einnahmeaufteilungsverfahren – EAV) an die Aufgabenträger verteilt. Die Bareinnahmen gehen also nicht an die Unternehmer, sondern an die Aufgabenträger. Außerdem erhalten die Unternehmer die gesetzlichen Ausgleichszahlungen für Schülertransport und die Beförderung von Schwerbehinderten.
Verkehrsverträge werden in der Regel bei gemeinwirtschaftlichen Verkehren geschlossen, wenn der Unternehmer aus eigenem Antrieb heraus die Verkehrsleistung nicht eigenwirtschaftlich erbringen könnte. Der Abschluss eines Verkehrsvertrages stellt meist die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages (ÖDA) dar. Dieser ist nach der EU-Verordnung 1370/2007 grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben.
Die VO 1370/2007 gilt seit dem 03.12.2009 und hat eine Übergangszeit bis zum 03.12.2019. Kurz vor Inkrafttreten der VO 1370/2007 haben die Landkreise Stade, Harburg und Lüneburg - das sind die niedersächsischen Landkreise, die dem HVV angehören - ihre Verkehrsverträge für 10 Jahre verlängert. Zu Ende 2019 steht somit die Frage an, wie es mit diesen Verträgen weitergeht. Das ist Gegenstand dieser Vorlage.
In den letzten Jahren ist der Landkreis Lüneburg zusammen mit den Landkreisen Stade und Harburg aufgetreten. Das Vorgehen wurde untereinander abgestimmt. Verhandlungen wurden gemeinsam geführt. Das soll auch in Zukunft so bleiben.
Die Verkehrsverträge bestehen überwiegend mit der KVG/VOG, die einem einzigen Konzern angehören. Teilleistungen sind in den Nachbarlandkreisen an andere Unternehmen vergeben. Die Gemeinde Amt Neuhaus wird von der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim (VLP), einem Unternehmen des Landkreises Ludwigslust-Parchim, bedient. Die Finanzierung dieser Verkehre ist in einem separaten Vertrag geregelt.
In Ausnahmefällen kann ein ÖDA ohne wettbewerbliches Verfahren direkt vergeben werden. Im Landkreis Lüneburg besteht diese Möglichkeit der Direktvergabe nicht, weil die Ausnahmevoraussetzungen nicht vorliegen. Es ist kein kommunal beherrschtes Unternehmen betroffen und die Aufträge überschreiten eine im Gesetz definierte Höchstgrenze. Sollen die Verkehrsbeziehungen im Landkreis Lüneburg somit auch ab 2019 auf der Grundlage eines ÖDA geregelt werden, wäre ein Vergabeverfahren (siehe Ziffer 4) unumgänglich.
Zu- und Abbestellungen können in den Verkehrsverträgen ohne weiteres auch während der laufenden Vertragszeit vorgenommen werden. Die Entgelte sind im Vertrag definiert nach Fahrplankilometern, Fahrplanminuten und zusätzlich erforderlichen Fahrzeugen.
Das Personenbeförderungsgesetz wurde zum 01.01.2013 novelliert. Seitdem sind Verkehrsvertrag und Genehmigung miteinander verschränkt. Die LNVG richtet die Laufzeit der Genehmigung an den zugrundeliegenden Verkehrsverträgen aus, wenn es sich um gemeinwirtschaftliche Verkehre handelt. Ein Unternehmen soll nicht Inhaber einer gemeinwirtschaftlichen Genehmigung sein, wenn die Finanzierung mit dem Aufgabenträger nicht geregelt ist.
- Nahverkehrsplan und Ausschreibung
Aufgabenträger definieren Verkehrsleistungen im Nahverkehrsplan. Bislang kam dem Nahverkehrsplan nur eine überschaubare Bedeutung zu. Dies ändert sich allerdings deutlich mit dem neuen Personenbeförderungsgesetz. Will der Aufgabenträger seine Verkehrsverträge ausschreiben, muss er lange Fristen beachten. Man rechnet von der Ausschreibung bis zur Betriebsaufnahme mit einer Zeitspanne von über zwei Jahren. Ein Jahr vor der Ausschreibung muss eine Vorabbekanntmachung veröffentlicht werden, die bereits recht detailliert beschreibt, um welche Leistungen es sich handeln wird. Grundlage dieser Vorabbekanntmachung muss wiederum der Nahverkehrsplan sein, der einen Detaillierungsgrad haben muss, der für die Vorabbekanntmachung und die nachfolgende Ausschreibung ausreichend ist.
Praktisch heißt dies: Bei einer Neuvergabe in 2019 wird die Ausschreibung 2017 veröffentlicht; die Vorabbekanntmachung steht 2016 an. Bis dahin muss der Aufgabenträger wissen, welches Nahverkehrskonzept er ab 2020 realisiert wissen will. Dies zeigt, dass die Zeit zur Diskussion und Entscheidung ausreichend ist, aber auch genutzt werden muss.
In dieser Zeit muss das Verkehrskonzept ab 2020 modelliert werden. Wegen der Komplexität der Aufgabe ist die Begleitung durch einen Verkehrsgutachter erforderlich.
Außerdem wird eine öffentliche Beteiligung erforderlich, die über das Maß hinausgeht, das gesetzlich bei der Aufstellung des Nahverkehrsplans erforderlich ist. Auch hierbei wird ein Verkehrsgutachter unterstützen können.
Die Neuaufstellung des Nahverkehrsplans wird bereits durch die VNO, eine Lenkungsgruppe und Projektgruppen begleitet.
Die Inhalte des Nahverkehrsplans werden erheblichen Einfluss auf die Gestaltung einer Ausschreibung haben. So können Buslinien zu Netzen gebündelt werden. Hierbei ist der Schutz mittelständiger Unternehmen zu berücksichtigen. Ausgeschrieben werden die Verkehrsleistungen nämlich in Paketen. Der Zuschnitt dieser Pakete ist u. a. Inhalt des Nahverkehrsplans. Auch die Genehmigungen der LNVG richten sich daran aus.
- Allgemeine Vorschrift
Die Neuvergabe von Verkehrsverträgen berührt die Interessen insbesondere der KVG/VOG, die unter anderem in Lüneburg einem Betriebshof unterhält. Von dort aus wird eine Alternative zur Ausschreibung eines Verkehrsvertrages aufgezeigt: die allgemeine Vorschrift.
Hierunter versteht man eine Satzung oder einen für alle Unternehmen gleichen Formularvertrag, mit dem jedem Unternehmen ein bestimmter Beförderungstarif (HVV) vorgeschrieben wird. Jeder Unternehmer, der Verkehrsleistungen im Geltungsbereich der Allgemeinen Vorschrift erbringt, muss den Höchsttarif einhalten. Als Ausgleich erhält er hierfür einen Geldbetrag vom Aufgabenträger. Für andere Leistungen (Qualitäten) kann er auf der Grundlage der allgemeinen Vorschrift keinen Ausgleich bekommen.
Diese Konstruktion funktioniert grundsätzlich ohne Verkehrsvertrag, weil durch die Ausgleichsleistung der Allgemeinen Vorschrift die Verkehre grundsätzlich allesamt eigenwirtschaftlich werden. Allerdings müssen die Verkehre in der Allgemeinen Vorschrift so genau wie möglich beschrieben werden, damit auch die Leistungen erfüllt werden, an denen die Unternehmer aus sich heraus kein Interesse haben.
Um dies zu erreichen, bedarf es zusätzlich einer Genehmigung durch die LNVG. Das Modell hätte folgende Komponenten:
Der Nahverkehrsplan beschreibt die zu erbringenden Leistungen so genau wie möglich. Auf dieser Grundlage erteilt die LNVG eine Genehmigung mit einer detaillierten Betriebspflicht auch für wirtschaftlich nicht lukrative Flächen und Zeiten. Die Teilnetze werden so geschnitten, dass ein Heraustrennen lukrativer Bereiche (Rosinenpicken) verhindert wird. Um den HVV-Tarif einzuhalten, erlässt der Landkreis Lüneburg eine allgemeine Vorschrift, die Grundlage für die Ausgleichszahlung wäre.
In der Konsequenz verlagert sich der Wettbewerb der Unternehmen vom Verkehrsvertrag zur Genehmigung. Statt in einer Ausschreibung des Aufgabenträgers auf einen Verkehrsvertrag zu bieten, bewirbt sich das Verkehrsunternehmen nun bei der LNVG um die Genehmigung. Herrin des Wettbewerbs ist die LNVG, nicht der Landkreis. Das ist bei der Ausschreibung des Verkehrsvertrages anders. Der Landkreis hätte bei der allgemeinen Vorschrift auf die Auswahl des Unternehmens weniger Einfluss, erspart aber auch den Aufwand des Ausschreibungsverfahrens.
Die Ausgleichszahlung würde nach dem Braunschweiger Modell wie nachfolgend beschrieben funktionieren:
Aus der jetzt bekannten Praxis werden bereits Ausgleichszahlungen geleistet. Diese basieren allerdings auf der Einnahmesituation der Vorjahre. Die Ausgleichszahlung der allgemeinen Vorschrift beruht demgegenüber auf der Betrachtung der Kosten zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags des Verkehrsunternehmens. Faktisch werden sich Kosten (plus Gewinnaufschlag) und Einnahmen der Verkehrsunternehmen nicht sehr erheblich unterscheiden.
Der Vergleich von Kosten (plus Gewinnaufschlag) und Ausgleichszahlung ist gesetzlich vorgeschrieben, denn es gibt ein europarechtliches Verbot der Überkompensation. Die öffentliche Hand darf nicht zu viel bezahlen. Dies wird mithilfe von Wirtschaftsprüfern kontrolliert. Ein Wirtschaftsprüfer kontrolliert die Zahlen im Auftrag des Verkehrsunternehmens. Er übergibt das Zahlenwerk an einen zweiten Wirtschaftsprüfer, der für den Aufgabenträger arbeitet. Dieser prüft die Plausibilität.
Infolge dieser Prüfungen werden die jährlichen Ausgleichszahlungen vorab geleistet und je nach Prüfungsergebnis immer wieder angepasst. War die Ausgleichszahlung zu gering, kann eine Anpassung nach oben grundsätzlich nur innerhalb einer vorher festgelegten Grenze stattfinden.
Das System arbeitet mit Vorauszahlungen, Spitzabrechnung eines Wirtschaftsjahres und entsprechenden Ausgleichen, jeweils begleitet durch Wirtschaftsprüfer. Je nachdem, wie dieses Verfahren bewertet wird, würde der Aufgabenträger ein Verfahren erhalten, das eine Überkompensation zumindest erschwert. Geprüft wird auch, ob das Unternehmen wirtschaftlich geführt wird.
Hauptschwäche der allgemeinen Vorschrift ist aus Sicht der Aufgabenträger die geringere Flexibilität, was die Veränderung von Angeboten angeht. Die einmal erteilte Genehmigung läuft in der Regel über 10 Jahre, soweit der Aufgabenträger im Nahverkehrsplan oder in der allgemeinen Vorschrift nichts anderes vorgibt. Die allgemeine Vorschrift in Form eines Vertrages ist an dieser Stelle der Satzung vorzuziehen. Kleine Zubestellungen können aufgrund des geringen Leistungsumfangs ohne Ausschreibung direkt vergeben werden. Abbestellungen sind praktisch einvernehmlich möglich. Auch qualitative Veränderungen werden praktisch auf vertraglicher Grundlage umsetzbar sein. Das Verkehrsunternehmen hat dabei eine starke Position, weil es nicht zu Änderungen verpflichtet werden kann.
Dieser Punkt kann anhand eines weiteren Problems verdeutlicht werden. Die Fördermittel der LNVG fließen i. d. R. an Aufgabenträger und sind für gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen gedacht. Die allgemeine Vorschrift lässt Verkehre eigenwirtschaftlich werden, weil ein Verkehrsunternehmen durch den finanziellen Ausgleich der Tarifabsenkung in die Lage versetzt wird, die Busse ohne weitere öffentliche Finanzzuschüsse des Aufgabenträgers fahren zu lassen. Damit entfällt z. B. die Möglichkeit der Busförderung, die vor kurzer Zeit vom Land Niedersachsen aufgelegt worden ist. Hierzu kann es Auffanglösungen geben, die jedoch erst noch konstruiert werden müssen.
Möchte der Landkreis Lüneburg mit dem HVV besondere Angebote unterbreiten, die von der LNVG gefördert werden können, werden mit der allgemeinen Vorschrift Probleme zu erwarten sein. Der Landkreis wird keine rechtliche Handhabe besitzen, die Verkehrsunternehmen zu bewegen, sich an diesen Angeboten zu beteiligen. Freiwillig werden die Unternehmen praktisch sicher in der Regel mitmachen, allerdings zu den Konditionen, die sie fordern können.
Mit der Neuausschreibung von Verkehrsverträgen ist das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz anzuwenden, mit dem der geltende Tariflohn garantiert werden würde. Bei der allgemeinen Vorschrift wäre das nicht der Fall. Der finanzielle Unterschied kann für den Landkreis Lüneburg jährlich einen siebenstelligen Betrag erreichen. Der Einfluss auf die Tarifgestaltung der Verkehrsunternehmen ist im Falle der allgemeinen Vorschrift für den Aufgabenträger geringer.
Im Anhang ist eine Synopse beigefügt, die von der VNO erarbeitet wurde und den Landkreisen Lüneburg, Harburg und Stade zur Verfügung steht. Diese drei Landkreise werden nach der Sommerpause 2015 zu entscheiden haben, ob sie die Ausschreibung ihrer Verkehrsverträge zu 2019 anstreben oder den Weg der allgemeinen Vorschrift gehen möchten. Falls die Ausschreibung gewählt wird, müssen die personellen Voraussetzungen für die Ausschreibung geschaffen werden. VNO und HVV unterstützen bei den Ausschreibungsverfahren. Auch die Landkreise müssten angemessen aufgestellt sein.
Aktualisierte Sachlage vom 23.10.2015:
Die VNO hat die anliegende Stellungnahme (Anlage 2) verfasst, mit der sie deutlich macht, dass auch mit der allgemeinen Vorschrift hinreichende Steuerungsmöglichkeiten für die Landkreise als Aufgabenträger erhalten bleiben. Auf die Stellungnahme der VNO wird inhaltlich verwiesen. In der dazugehörigen E-Mail vom 19.10.2015 schreibt Herr Opalka:
„Es wird deutlich, dass auch hier alle notwendigen Änderungsbedarfe initiiert werden können, die den Optionen innerhalb von Wettbewerbsverfahren nicht nachstehen. Allerdings handelt es sich bei den Lösungsmöglichkeiten innerhalb der allgemeinen Vorschrift um ein neues Verfahren, das noch rechtssicher ausformuliert werden muss. Dabei ist nochmals deutlich darauf hinzuweisen, dass der Aufgabenträger jederzeit das Ausgleichssystem der allgemeinen Vorschrift ablösen und durch einen Systemwechsel in ein wettbewerbliches Verfahren überführen kann. Im Tarifverbund Region Braunschweig funktioniert das System der allgemeinen Vorschrift seit 2012 erfolgreich.“
Wesentliches Argument ist, dass die Entscheidung für den Weg der allgemeinen Vorschrift revidiert werden kann, falls sich negative Erfahrungen ergeben. Die Aufgabenträger sind nicht gehindert, ggf. in ein Ausschreibungsverfahren für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag einzusteigen. Dies würde zwar eine längere Zeit in Anspruch nehmen, wäre aber praktisch immer möglich. Da dies den Verkehrsunternehmen ebenfalls bewusst sein wird, ist eine lösungsorientierte Zusammenarbeit in der täglichen Praxis zu erwarten.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
134,8 kB
|
|||
2
|
(wie Dokument)
|
31,5 kB
|
