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Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - 2020/180

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

 

 

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung schlägt vor, den Kauf einer neuen Fähre für die Verbindung Bleckede – Neu Bleckede zu verschieben. Stattdessen wird die bestehende Fähre entsprechend der Anlage 2, Seite 7ff und der Kostenaufstellung -Anlage 3- ertüchtigt.

 

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Sachverhalt

 

 

 

 

 

Sachlage:

Die Fährverbindung Bleckede –Neu Bleckede bindet mit der Fähre „Amt Neuhaus“ zusammen mit der

Fährverbindung Darchau – Neu Darchau die Gemeinde Amt Neuhaus und den rechtselbischen Teil der

Stadt Bleckede an das übrige Gebiet des Landkreises Lüneburg an. Seit einigen Jahren gibt es

Überlegungen, die Fährverbindung Bleckede – Neu Bleckede zu verbessern. Hierfür wurden folgende

Ziele benannt:

 

1. Betriebssicherheit

Ausgangspunkt und oberstes Kriterium aller Überlegungen ist die Gewährleistung der

Betriebssicherheit. Die ca. 80 Jahre alte Fähre „Amt Neuhaus“ kann den Regelbetrieb bewältigen. Probleme treten aufgrund folgender Umstände auf:

 

 Hochwasser

 Niedrigwasser

 Sandbänke

 Wind

 

Im Hochwasserfall werden die Hochwasseranleger benutzt, wodurch sich der Fahrweg deutlich

verlängert. Außerdem liegt eine wesentlich stärkere Strömung vor. Kommt noch starker Wind hinzu,

wird der Betrieb erheblich erschwert. Die „Amt Neuhaus“ erreicht die Hochwasseranleger des anderen

Ufers nur aufgrund der Erfahrung der Fährbetreiber. Unter Umständen ist der Betrieb einzustellen.

Hauptgrund dafür ist die eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Antriebe.

Bei Niedrigwasser hängt der Betrieb vom Tiefgang der Fähre ab. Mit 60 cm kann die Amt Neuhaus auch

noch unter extremen Bedingungen fahren, was aber in den letzten Jahren trotzdem zu Ausfällen geführt

hat. Ein Tiefgang von nicht mehr als 60 cm ist unabdingbare Voraussetzung.

Sandbänke sind ein großes Problem, das durch die Fähre nicht oder nicht wesentlich beeinflusst

werden kann. Aufgrund des geringen Tiefgangs und der Sandbänke kommen jedoch nur bestimmte

Antriebsarten in Betracht (z.B. Jet-Antrieb). Mit diesen Antrieben kann eine Fahrrinne zumindest

behelfsmäßig freigespült werden.

Wind wirkt sich nicht nur auf die Manövrierfähigkeit, sondern auch auf die Seitenstabilität aus. Hier

können ein stärkerer Antrieb und eine Verbreiterung helfen.

Die Betriebssicherheit steht in der Zielhierarchie an erster Stelle, denn eine Fährverbindung muss

verlässlich sein. Daran wird sie von den Bürgerinnen und Bürgern gemessen. Deshalb ist dieser Aspekt

nicht durch andere Vorteile auszugleichen.

 

2. Klimafreundlichkeit

Der Klimaschutz ist eine Aufgabe, der wir uns alle stellen müssen. Gerade der Verkehr kann hierzu

Beiträge leisten. Die „Amt Neuhaus“ ist mit einem funktionstüchtigen Dieselmotor ausgestattet, der

allerdings nicht mehr den modernen Umweltanforderungen genügt, die an einen neuen Antrieb eines

Binnenschiffs zu stellen sind. Diese Anforderungen wurden in jüngster Zeit deutlich verschärft. Zunächst

gab es keine Dieselmotoren, die bei einem Schiffsneubau die Emissionskriterien erfüllen konnten. Dies

ist bei den neusten Motoren aber möglich. Neubauten mit Dieselantrieben können mit dieselelektrischen

System – als Hybrid also in Verbindung mit Batterien – ausgeführt werden, auch mit zusätzlichen

Lademöglichkeiten an Land.

Alternativen werden in rein batterieelektrischen oder wasserstoffgetriebenen Antrieben gesehen.

In all diesen Fällen ist der Hauptantrieb ein Elektromotor.

 

Im Schiffbau untersuchen die Ingenieure zuerst die Fahrroute und das Bewegungsprofil für eine neue

Fähre. Aus den somit definierten Anforderungen wird die Planung abgeleitet.

 

Ein rein batterieelektrischer Antrieb könnte durchaus den Regelbetrieb auf der Fährverbindung

Bleckede – Neu Bleckede erbringen. Im Hochwasserfall wäre eine Unterstützung durch einen Dieselmotor nach Expertenmeinung erforderlich.

 

Die Wasserstofftechnik wird sich wahrscheinlich zu einer echten Alternative entwickeln. Noch liegen

jedoch keine Industriestandards vor, so dass bei einem Wasserstoffantrieb voraussichtlich nicht die Betriebssicherheit gewährleitstet werden könnte. Ökologisch macht ein Wasserstoffantrieb nur Sinn, wenn

ausreichend „grüner“ Wasserstoff zur Verfügung steht. Die dazu erforderlichen Konzepte sind in

manchen Regionen in der Erprobung, stehen aber noch nicht verlässlich zur Verfügung.

 

3. Kapazität

Mit einer Neuanschaffung einer Fähre sollte die Tragfähigkeit und Stabilität erhöht werden. Linienbusse

können jedoch nur mit einer aufwändigen Anpassung der Fähranleger befördert werden. Deswegen

wurde auf diese Option verzichtet. Für den PKW-Verkehr reicht eine moderate Erweiterung der

Kapazität aus. Ein Problem stellt der landwirtschaftliche Verkehr dar, weil die Zugmaschinen mit

Anhängern und Gerät in den letzten Jahren immer größer und schwerer geworden sind. Eine technisch

sichere Lösung wird nur mit einem größeren Aufwand möglich sein, wobei sich die Frage stellt, ob dies

noch in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen steht.

 

Alternativenvergleich

Haushaltsrechtlich ist der Landkreis Lüneburg zu einem Wirtschaftlichkeitsvergleich verpflichtet. Dabei hat

er Nutzen und Kosten ins Verhältnis zu setzen und Alternativen zu betrachten. Die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit spielt hier eine Rolle. Diese wird sich durch die Corona-Pandemie deutlich, durch wegbrechende Steuereinnahmen und zusätzliche Belastungen (u.a. ÖPNV, Kosten der Unterkunft im SGB II, Unterstützung von eigenen Gesellschaften, Senkung der Kreisumlage), verschlechtern. Nicht verkannt wird, dass sich die öffentliche Hand in Zeiten wirtschaftlicher Krisen antizyklisch verhalten sollte.

 

Nach aktuellem Stand stehen die folgenden Alternativen für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich zur

Verfügung:

 

1. Nullvariante (alles bleibt wie es ist)

2. Ertüchtigung der „Amt Neuhaus“ durch neue Antriebe

3. Kauf einer gebrauchten Fähre

4. Neubau

a) Dieselelektrischer Antrieb/Hybrid

b) Batterieelektrischer Antrieb mit ergänzendem Dieselmotor

c) Wasserstoffantrieb

 

Diese Varianten müssen bewertet werden. Dazu dient die nachfolgende Tabelle. Es werden Punkte

vergeben: 5 = sehr gut, 4 = gut, 3 = befriedigend, 2 = ausreichend, 1 = schlecht. Die Kapazität hat nicht

dieselbe Bedeutung wie Betriebssicherheit und Klimafreundlichkeit und wird mit einem Faktor von 0,5

berechnet. Die Auflistung erhebt keinen wissenschaftlichen Ansatz. Sie soll dazu dienen, die Diskussion zu strukturieren.

 

 

Betriebs-sicherheit

Klima-freundlichkeit

Kapazität

Kosten

Punkte

Rang

Nullvariante

3

1

3 (1,5)

5

10,5

6

Ertüchtigung

5

4

3 (1,5)

5

15,5

1

Gebrauchte Fähre

5

1

4 (2)

5

14

3

Neue Fähre; dieselelektrisch

5

4

5 (2,5)

3

14,5

2

Neue Fähre, batterieelektrisch

4

4

4 (2)

3

13

5

Neue Fähre, Wasserstoff

3

5

5 (2,5)

3

13,5

4

 

 

Erläuterung:

Die Nullvariante verursacht deutlich die geringsten Kosten. Die Hauptschwäche liegt in der fehlenden

Klimafreundlichkeit, weil ein herkömmlicher Dieselmotor eingesetzt wird. Die Betriebssicherheit ist im

Vergleich zu den anderen Varianten im Hochwasserfall eingeschränkt.

 

Mittlerweile ist ein Angebot für eine gebrauchte Fähre in gutem Zustand mit einer größeren Kapazität zu

einem geringen Preis eingegangen, der etwas höher als die Ertüchtigung der vorhandenen Fähre ausfällt.

Die größeren Abmessungen könnten noch mit den Fähranlegern zusammenpassen. Dies wäre noch

genauer zu prüfen. Die Fähre ist aber über 60 Jahre alt und verfügt über einen Dieselmotor. Der Vorteil

würde sich auf die größere Kapazität beschränken.

 

Mit der Ertüchtigung würden die Mängel der „Amt Neuhaus“ für einen überschaubaren Kostenaufwand abgefangen werden, ohne zu einer völligen Optimierung zu führen.

Der Zustand der „Amt Neuhaus“ ist insgesamt gut (Anlage 1). Die Ertüchtigung würde kein marodes, sondern ein betriebstaugliches Schiff betreffen. Es ist mit Kosten im unteren sechsstelligen Bereich zu rechnen. Auf die Anlage 3 wird verwiesen.

Die Zielsetzung der Umbaumaßnahme soll eine kostengünstige Leistungssteigung des Vortriebes der Fähre sein. Gewählt wurde dafür je Schiffseite eine dieselelektrisch angetriebene Steuergitteranlage, wodurch sich die Stellfläche, beispielsweise für Fahrräder und Fußgänger, automatisch erweitert. Bei dieser Variante kann der alte Motor erhalten bleiben und notfalls zugeschaltet werden. Der dieselelektrische Antrieb ist bewährt und als Hybrid auch klimafreundlich, wenn auch nicht in dem Maße wie ein rein batterieelektrischer Antrieb oder ein Wasserstoffantrieb. Allerdings gibt es in der Fachwelt durchaus Stimmen, die in einer Gesamtbilanz keinen Nachteil im Vergleich zum rein batterieelektrischen Antrieb sieht. Diese Fachdebatte kann an dieser Stelle nicht vertieft werden. Die Kosten für eine neue Fähre mit batterieelektrischem Antrieb können sich bei um 5 Mio. € brutto bewegen.

Der rein batterieelektrische Antrieb erfordert eine sehr leichte Konstruktion des Schiffskörpers, was auf der Elbe zu einer Störanfälligkeit, zum Beispiel durch Treibgut, führen kann. Aus den Erfahrungen zur Moselfähre „Sankta Maria II“ werden technische Probleme berichtet, die häufig aufgetreten sind, den Betrieb aus der Sicht der Fahrgäste aber im Regelfall nicht beeinträchtigen. Zudem wird eine Ladeinfrastruktur erforderlich werden, was sich auf die Fähranleger auswirken kann. Finanziell kann sich der Aufwand für die Fähre im Rahmen des dieselelektrischen Antriebs bewegen, wobei jedoch weitere Kosten für die Fähranleger hinzukommen.

Nach Ansicht vieler Experten gehört die Zukunft dem Wasserstoffantrieb, der aber noch einige Probleme zu lösen hat. Neben der technischen Ausreifung gehört dazu auch die Organisation einer verlässlichen

Versorgungsinfrastruktur mit grünem Wasserstoff. Dies bedarf noch Zeit. Zu den Kosten kann noch nichts

Belastbares gesagt werden. Nach heutigem Stand würden die Betriebskosten höher als bei einem

konventionellen Antrieb liegen.

 

Die oben ausgeführte Bewertung kann mit guten Gründen auch anders vorgenommen werden. Das Ziel

dieser Darstellung ergibt sich aus dem nachfolgenden Punkt:

 

Mittel- und langfristige Betrachtung

Bedacht werden muss, dass die Variante „Ertüchtigung“ als Zwischenlösung gedacht ist. Die Neuanschaffung einer Fähre soll nicht aufgegeben, sondern auf eine Zeit verschoben werden, in der insbesondere die Wasserstofftechnik einen Reifegrad erreicht hat, der die Kosten senkt und die Betriebssicherheit erhöht. In der Fachwelt werden der Wasserstofftechnik derzeit die besseren Zukunftsprognosen attestiert. Die Entwicklung in Forschung und Technik braucht allerdings noch Zeit. Eine

Entscheidung für diese Technik hätte heute eine erprobende Zielrichtung aus dem Bereich der Forschung

und Entwicklung. Dies kann in Zeiten der finanziellen Belastungen, die auf uns zukommen, nicht Aufgabe

eines Landkreises sein.

Sollte sich der technische Trend bestätigen, würde die Bewertung in einigen Jahren anders ausfallen, weil

der Wasserstoffantrieb bei Betriebssicherheit und Kosten aufholen und auf die erste Position aufrücken könnte. Das kann zum heutigen Zeitpunkt aber noch nicht belastbar beurteilt werden.

Es wäre jedoch unglücklich, wenn jetzt eine Technik realisiert wird, die mittelfristig zu deutlich besseren

technischen Bedingungen und deutlich geringerem Kostenaufwand verfügbar sein wird.

 

Weitere Fragestellungen

Bei einer Neuanschaffung wäre der Betrieb der neuen Fähre auszuschreiben. Bisher tragen die Betreiber den Betriebsaufwand selbst, erhalten im Gegenzug aber alle Einnahmen. Mit effektiveren Antrieben sollte der Betriebsaufwand geringer ausfallen, weshalb eine Pachtzahlung beihilferechtlich zu erwarten ist. Diese

würde einen Vorsteuerabzug ermöglichen. Im Falle der Wasserstofftechnik ist dieser Weg fraglich, weil angesichts der noch nicht ausgereiften Technik möglicherweise sogar vom Landkreis Lüneburg ein Betriebskostenzuschuss an die Betreiber zu zahlen wäre.

Der Planungs- und Beschaffungsprozess ist aufwendig. Allein die rechtliche Beratung wäre finanziell nicht

weit von den Kosten entfernt, die bei der Ertüchtigung der „Amt Neuhaus“ anfallen würden. Die Ertüchtigung

der Fähre wäre schneller zu realisieren als die Neubeschaffung.  Es würden möglichen Risiken eines aufwendigen Planungs-, Vergabe- und Bauprozesses reduziert werden.

 

In der Sitzung der Arbeitsgruppe „Verbesserung der Mobilität im Amt Neuhaus“ hat Herr Dirk Eden von der Hitzler-Werft das Konzept des Austausches der Antriebe vorgestellt. Die Präsentation ist der Vorlage beigefügt (Anlage 2).

Auch in der Sitzung des Ausschusses für Mobilität wird die Hitzler-Werft das Konzept vorstellen und wird dann auch die voraussichtlichen Kosten für den Austausch der Antriebe darlegen.

 

 

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Anlagen

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10.06.2020 - Ausschuss für Mobilität

Erweitern

15.06.2020 - Kreistag - geändert beschlossen

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