Beschlussvorlage - 2020/411
Grunddaten
- Betreff:
-
Zukunftsfähige Siedlungsentwicklung im Landkreis Lüneburg - Beschluss der Arbeitsnachträge
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Regional- und Bauleitplanung
- Bearbeitung:
- Nicole Blanke
- Verantwortlich:
- Schlag, Lena Eileen
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Geplant
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Ausschuss für Raumordnung
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Beratung
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10.11.2020
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Gestoppt
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Kreisausschuss
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Entscheidung
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
1.) Es wird keine explizite Aufwertung von W1-Standorten im Verflechtungsbereich der Hansestadt Lüneburg hinsichtlich der Flächenkontingente vorgenommen. Stattdessen wird die Nutzung der Flächenkontingente weiter flexibilisiert, indem bei zeitlich aufeinander folgenden Planungen eine Inanspruchnahme über den Planungshorizont des RROP von 10 Jahren hinaus zugelassen wird.
2.) Aufgrund der bereits in den Flächenkontingenten enthaltenen weitreichenden Entwicklungsspielräume für die Kommunen im Osten des Landkreises erfolgt keine weitere Erhöhung der Kontingente oder eine abweichende regionalplanerische Bestimmung von Standorten für die Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten in diesem Bereich.
3.) Über die bereits im Konzept mit Stand 11.02.2020 vorgesehenen Möglichkeiten hinaus ist eine Weitergabe von Flächenkontingenten –von Grundzentren und W1- oder W2-Standorten an W3-Standorte oder Eigenentwicklungsorte sowohl innerhalb von Gemeinden als auch über Gemeindegrenzen hinweg im Einvernehmen mit dem Landkreis möglich, wenn eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit der städtebaulichen Entwicklung der betroffenen Orte stattfindet und eine Schwächung der umliegenden zentralen Orte (GZ) und W-Standorte ausgeschlossen wird. Voraussetzung ist ein städtebauliches Entwicklungskonzept, das auch im Rahmen der Bauleitplanung erarbeitet werden kann.
4.) Es erfolgt eine Überprüfung der Kontingente fünf Jahre nach Inkrafttreten des RROP. Wenn dabei festgestellt wird, dass die dann aktuell prognostizierten landkreisweiten Bedarfswerte für den nächsten 5-Jahreszeitraum (bis zum Ende des Planungshorizontes des RROP) mit den vorgesehenen Kontingenten nicht gedeckt werden können, erfolgt ein prozentualer Aufschlag auf die Kontingente.
Sachverhalt
Sachlage:
In der Sitzung des Ausschusses für Raumordnung am 26.5.2020 wurde die Verwaltung gebeten, einzelne Teilaspekte des vorliegenden Konzeptvorschlages zur zukunftsfähigen Siedlungsentwicklung für die Neuaufstellung des RROP mit Stand vom 11.02.2020 zu prüfen. Es handelt sich dabei um:
1.) die Aufwertung von W1-Standorten im näheren Umfeld Lüneburgs
2.) die Entwicklung des Ostkreises
3.) die Abgabe von Kontingenten von Grundzentren an Eigenentwicklungsorte und W3-Standorte
4.) die Gewährleistung einer ausreichenden Flexibilität während der Laufzeit des RROP
Nachdem die Ergebnisse der Prüfung in der Sitzung des Ausschusses für Raumordnung am 29.09.2020 von der Verwaltung vorgestellt und diskutiert wurden (Vorlage 2020/326), soll nun ein Beschluss des Ausschusses herbeigeführt werden. Dieser soll die dem Kreisausschuss zum Beschluss vorgelegten Leitplanken zur zukunftsfähigen Siedlungsentwicklung in der Neuaufstellung des RROP ergänzen. Die Empfehlungen der Verwaltung zu den Diskussionspunkten sind im Folgenden dargestellt (entspricht der Anlage zur Vorlage 2020/326).
Zu 1.) Aufwertung von W1-Standorten im näheren Umfeld Lüneburgs
Anlass des Prüfungsauftrages „Aufwertung von W1-Standorten im näheren Umfeld Lüneburgs“ war insbesondere der Wunsch der Gemeinde Deutsch Evern nach höheren Flächenkontingenten und eine wahrgenommene Sondersituation durch die Nähe zur Hansestadt Lüneburg.
Gemäß dem Wunsch des Fachausschusses sieht der Konzeptvorschlag zur Siedlungsentwicklung eine dynamische Einstufung von Ortsteilen als Standorte für die Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten anhand von Kriterien vor; denen durch differenzierte Berechnungsfaktoren Flächenkontingente zugeordnet werden. Die Aufwertung von W1-Standorten durch höhere Flächenkontingente müsste in diese Systematik eingefügt und dementsprechend ebenfalls anhand genau definierter Kriterien erfolgen. Hier ist zunächst die Entfernung zur Hansestadt Lüneburg als Kriterium denkbar. Abgesehen von der Schwierigkeit, eine maximale Entfernung sowie Start- und Zielpunkt der Messung zu definieren, weisen auch andere Gemeinden wie Reppenstedt, Adendorf, Wendisch Evern, Vögelsen oder Bardowick eine geringe, z.T. auch geringere noch Entfernung zu Lüneburg auf. Es wäre fraglich, warum nur W1-Standorte und nicht zumindest auch Grundzentren um Lüneburg herum aufgewertet werden sollten. Als weiteres Kriterium wäre die Lage im Verflechtungsbereich bzw. eine erhöhte Nachfrage denkbar, die sich in der Zuweisung des Siedlungsstrukturtyps 1 (Kernregion und Nachfragemagnet) in der Wohnungsmarktanalyse Landkreis Lüneburg 2016 niederschlägt. Auch dies würde auf weitere Gemeinden zutreffen.
Mit einer solchen Aufwertung der Gemeinden in der Nähe Lüneburgs bzw. im Verflechtungsbereich würde die Stärkung des Ostkreises und die Gleichbehandlung peripherer Bereiche, die sowohl seitens der Politik als auch von den Kommunen gefordert wurden, konterkariert.
Darüber hinaus ist der Unterschied zwischen den nach dem vorgestellten Ansatz im Konzeptvorschlag berechneten Kontingenten von Deutsch Evern in Höhe von 7,73 ha in 10 Jahren und dem in der Stellungnahme der Gemeinde Deutsch Evern formulierten Wunsch nach einer Flächenausweisung von 8 ha in 10 Jahren relativ gering (etwa 3,5%).
Die Verwaltung empfiehlt daher, keine explizite Aufwertung von W1-Standorten im Verflechtungsbereich hinsichtlich der Flächenkontingente vorzunehmen. Stattdessen wird vorgeschlagen, die Nutzung der Flächenkontingente weiter zu flexibilisieren, indem bei zeitlich aufeinander folgenden Planungen eine Inanspruchnahme über den Planungshorizont des RROP von 10 Jahren hinaus zugelassen wird. So könnte beispielsweise nach einer Bauleitplanung in „Jahr 1“ mit Kontingenten für 7 Jahre eine weitere Planung in „Jahr 8“ mit Kontingenten für 5 Jahre erfolgen, sodass insgesamt Kontingente für 12 Jahre genutzt würden. Dies erhöht den Handlungsspielraum der Gemeinden und vermeidet geringfügige Restkontingente gegen Ende des 10-Jahreszeitraums, die nicht wirtschaftlich realisierbar sind.
Zu 2.) Entwicklung des Ostkreises
Der Wunsch nach einer Prüfung des Konzeptvorschlages hinsichtlich der Förderung des Ostkreises beruht auf der Tatsache, dass nach den vorgesehenen Kriterien in diesem Bereich keine Standorte für die Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten (W-Standorte) liegen.
Die Standorte für die Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten bestimmen sich anhand der definierten Kriterien und berücksichtigen bereits mehrere Funktionsstufen (W1 bis W3) mit entsprechend abgestuften Anforderungen an die Infrastrukturausstattung. Anhand dieser Kriterien ergeben sich im östlichen Bereich des Landkreises tatsächlich keine Orte mit einer entsprechenden Einwohnerzahl, Anbindungsqualität oder Infrastrukturausstattung. Die Festlegung zusätzlicher Siedlungskonzentrationen ist aus fachlicher Sicht nicht zu empfehlen. Durch die vorgesehene und von den Gemeinden gewünschte Flexibilisierung haben diese die Möglichkeit durch die Verschiebung von Kontingenten eigenständig eigene Schwerpunkte zu bilden und festzulegen und damit die Sicherung und Entwicklung kleinteiliger Infrastrukturen in ihren Siedlungsbereichen zu fördern.
Schließlich ist festzustellen, dass in der aktuellen Prognose der NBank für die Samtgemeinde Dahlenburg und die Stadt Bleckede nur ein geringer Neubaubedarf festgestellt wurde. Da in diesen Bereichen die gleichen Berechnungsfaktoren verwendet werden wie im übrigen Landkreisgebiet, werden hier durch den Konzeptvorschlag Flächenentwicklungen möglich, die bereits jetzt deutlich über dem prognostizierten bzw. berechneten Flächenbedarf liegen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Gemeinde Amt Neuhaus, hier ist jedoch die Abweichung weniger stark ausgeprägt (s. Tabelle). Zu berücksichtigen ist, dass etwa Flächen im Innenbereich nicht auf die Kontingente angerechnet werden und damit zusätzlich entwickelt werden können.
| Bedarf an Wohneinhei-ten nach Prognose der NBank 2019 bspw. für den Zeitraum 2022-2031* | mögliche Wohneinhei-ten gemäß Konzeptvorschlag für 10 Jahre** | Abweichung der Wohneinheiten nach Konzeptvorschlag vom Bedarf nach NBank 2019 |
Gemeinde Amt Neuhaus | 91 | 127 | + 39% |
Stadt Bleckede | 34 | 317 | + 832% |
SG Dahlenburg | 33 | 185 | + 460% |
*eigene Berechnungen durch gleichmäßige Verteilung der für Zeitabschnitte prognostizierten Wohnungsneubaubedarfe auf die Einzeljahre
** Gemäß Konzeptvorschlag werden keine Wohneinheiten, sondern Flächenkontingente festgelegt. Um jedoch einen Vergleich mit dem Bedarf an Wohneinheiten nach der Prognose der NBank vornehmen zu können, werden hier nur für dieses Beispiel die ursprünglichen Berechnungsfaktoren in Wohneinheiten pro 1.000 EW herangezogen.
Durch die explizit gewünschte Gleichbehandlung in den Berechnungsfaktoren ist bereits jetzt eine deutliche Siedlungsförderung des Ostkreises impliziert. Es sind weitrechende Entwicklungsspielräume gegeben, die die Kommunen mit Entwicklungskonzepten und Projekten mit Leben füllen können, um Siedlungsbereiche attraktiv zu machen und Einwohner anzuziehen. Eine weitere Erhöhung der Kontingente oder eine abweichende regionalplanerische Bestimmung von W-Standorten führt nicht zu einer automatischen Stärkung der Regionalentwicklung in diesen Bereichen und ist damit aus Sicht der Verwaltung nicht das geeignete Mittel.
Zu 3.) Abgabe von Kontingenten von Grundzentren an Eigenentwicklungsorte und W3-Standorte
Der Konzeptvorschlag zur zukunftsfähigen Siedlungsentwicklung mit Stand 11.02.2020 sieht bereits die Möglichkeit zur Übertragung von Kontingenten zwischen Grundzentren (GZ) und W1- sowie W2-Standorten bei Vorliegen eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes vor. In der Sitzung des Fachausschusses am 26.5.2020 wurde diskutiert, dass es insbesondere für Einheitsgemeinden wichtig ist, auch Kontingente von Grundzentren an W3-Standorte und Orte ohne Funktionszuweisung / Eigenentwicklungsorte (E) weitergeben zu können. Wie die folgende Tabelle zeigt, betrifft dies in erster Linie die Einheitsgemeinde Adendorf, da hier neben dem Grundzentrum nur ein Eigenentwicklungsort mit einem relativ geringen Kontingent vorhanden ist. In der Gemeinde Amt Neuhaus und der Stadt Bleckede liegen jeweils mehrere Eigenentwicklungsorte mit insgesamt höheren Kontingenten. Von einer solchen Möglichkeit zur Weitergabe von Kontingenten an Eigenentwicklungsorte profitieren würden darüber hinaus auch Gemeinden in Samtgemeinden mit nur einem oder wenigen Eigenentwicklungsorten und geringen Kontingenten (bspw. Reppenstedt), die nach dem ursprünglichen Konzept nur über ein gemeindeübergreifendes Siedlungsentwicklungskonzept Kontingente von Eigenentwicklungsorten in anderen Gemeinden erhalten könnten. Dies betrifft nicht nur Gemeinden mit Grundzentren, sondern auch mit W1-Standorten (bspw. Hohnstorf).
Tabelle: Gemeinden mit mehreren Standortkategorien
Gemeinde | Standort-kategorie | Zahl der Eigen-entwicklungsorte (Ortsteile) | ha in 10 Jahren |
Adendorf | GZ |
| 22,59 |
| E | 1 | 1,66 |
Amt Neuhaus | GZ |
| 3,45 |
| E | 36 | 5,29 |
Stadt Bleckede | GZ |
| 11,53 |
| E | 14 | 7,82 |
Amelinghausen | GZ |
| 8,46 |
| E | 2 | 0,55 |
Flecken Dahlenburg | GZ |
| 5,85 |
| E | 12 | 1,36 |
Reppenstedt | GZ |
| 16,60 |
| E | 1 | 0,31 |
Embsen | W1 |
| 3,85 |
| E | 2 | 1,26 |
Neetze | GZ |
| 4,49 |
| E | 3 | 1,21 |
Brietlingen | W1 |
| 6,29 |
| E | 1 | 0,92 |
Hohnstorf | W1 |
| 4,79 |
| E | 1 | 0,25 |
Scharnebeck | GZ |
| 7,85 |
| E | 1 | 0,22 |
Der bisher vorgesehene Ausschluss einer Flächenweitergabe von Grundzentren auf W3-Standorte oder Eigenentwicklungsorte dient der Sicherung der zentralörtlichen Funktionen, da eine unverhältnismäßig umfangreiche Entwicklung kleinerer Orte die Gefahr birgt, die Infrastrukturen in den Grundzentren und W-Standorte zu schwächen.
Es wird daher von Seiten der Verwaltung vorgeschlagen, eine solche Weitergabe von Flächenkontingenten von Grundzentren und W1- oder W2-Standorte an W3-Standorte oder Eigenentwicklungsorte sowohl innerhalb von Gemeinden als auch über Gemeindegrenzen hinweg nur im Einvernehmen mit dem Landkreis und nur dann zu ermöglichen, wenn eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit der städtebaulichen Entwicklung der betroffenen Orte stattfindet und eine Schwächung der umliegenden zentralen Orte (GZ) und W-Standorte ausgeschlossen wird. Dies ist von der Gemeinde im Rahmen eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes nachzuweisen.
Zudem sollte eine Weitergabe an benachbarte Gemeinden auch über Samt- und Einheitsgemeindegrenzen hinweg ermöglicht werden, wenn dies in einem gemeinsamen Entwicklungskonzept vereinbart wird. Die Inanspruchnahme dieser Option ist eher peripher zusehen, sollte aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein und bietet eine zusätzliche Flexibilisierung.
Die Weitergabe von Entwicklungskontingenten wäre damit wie folgt möglich:
a) innerhalb eines Gemeindegebietes
- zwischen Standorten gleicher Funktion, zwischen E- und W3-Standorten sowie von Standorten geringerer Funktion an Standorte höherer Funktion auf der Grundlage einer städtebaulichen Begründung im Rahmen der Bauleitplanung. Darin sind die Gründe darzulegen, die für eine Stärkung vorhandener Siedlungsschwerpunkte oder eine neue Schwerpunktsetzung der Siedlungsentwicklung sprechen.
- darüber hinaus von Standorten einer höheren Funktion an Standorte einer geringeren Funktion (bspw. von GZ oder W1-Standorte auf E-Standorte) auf der Grundlage eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes. Darin sind die Gründe für diese Abweichungen vom landkreisweiten Siedlungsstrukturkonzept des RROP, d.h. von den raumordnerisch festgelegten Siedlungsstrukturtypen und den damit verbundenen Flächenkontingenten darzulegen. Dabei ist Einvernehmen mit dem Landkreis herzustellen.
b) zwischen Gemeinden innerhalb einer Samtgemeinde
- Die Weitergabe von Entwicklungskontingenten zwischen Gemeinden innerhalb einer Samtgemeinde (etwa zwischen GZ und W-Standorten) erfordert eine Auseinandersetzung mit den Entwicklungszielen aller beteiligten Gemeinden und daher ein gemeindeübergreifendes städtebauliches Entwicklungskonzept, in dem die Gründe für die Weitergabe dargestellt werden. Dabei ist Einvernehmen mit dem Landkreis herzustellen.
c) zwischen Gemeinden benachbarter Samt- und Einheitsgemeinden
- Die Weitergabe von Entwicklungskontingenten über Samt- und Einheitsgemeindegrenzen hinweg erfordert ein übergreifendes städtebauliches Entwicklungskonzept. Es ist im Einvernehmen mit dem Landkreis und den beteiligten Samt- und Einheitsgemeinden zu erstellen.
Eine Beeinträchtigung von Grundzentren und W-Standorten, nicht nur im eigenen Gemeindegebiet, ist anhand fachlich fundierter Konzepte in jedem Fall auszuschließen.
Die Anforderungen an ein städtebauliches Entwicklungskonzept werden in der Begründung zum RROP konkretisiert.
Zu 4.) Gewährleistung einer ausreichenden Flexibilität während der Laufzeit des RROP
Die Diskussion um eine ausreichende Flexibilität während der Laufzeit des RROP geht auf die Befürchtung zurück, mit der Flächenkontingentierung nicht auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren zu können, die während der Laufzeit des RROP von 10 Jahren auftreten könnten. Eine herkömmliches und damit langwieriges Änderungsverfahren des RROP wird in diesem Punkt als zu zeitaufwendig angesehen, da in diesem Fall schneller Handlungsbedarf gesehen wird.
Im Konzeptvorschlag zur Siedlungsentwicklung im RROP mit Stand 11.02.2020 sind bereits folgende Ansätze zur Flexibilisierung berücksichtigt:
- dynamische Einstufung der W-Standorte anhand von Kriterien
- Festlegung von Flächenkontingenten (ha) anstatt wie bisher der Zahl der Wohneinheiten
- Berücksichtigung eines Aufschlages gegenüber dem von der NBank prognostizierten Bedarf
- Möglichkeiten zur Weitergabe der Kontingente
Für eine abweichende Regelung in besonderen Fällen müsste im RROP räumlich und sachlich konkret festgelegt werden, was die abweichende Festlegung beinhaltet und unter welchen Bedingungen sie eintritt. Eine allgemein formulierte Option zur Abweichung ist nach ROG nicht möglich und genehmigungsfähig.
Folgende Entwicklungszenarien sind denkbar:
- Der Wohnungsbedarf im Landkreis entwickelt sich stärker als aktuell prognostiziert.
- Es entsteht ein Mehrbedarf an Wohnbaufläche außerhalb des Oberzentrums durch Wohnungsbedarf, der im Oberzentrum nicht gedeckt werden kann.
- Es ist eine kurzfristige Unterbringung einer größeren Zahl von Flüchtlingen erforderlich.
Zu Punkt 1
Die Ableitung der Flächenkontingente beruht auf der Prognose des Wohnungsneubaubedarfs im Rahmen der Wohnungsmarktbeobachtung der NBank 2019. Diese wird im Zweijahresrhythmus veröffentlicht und für die Ebene der Samt- und Einheitsgemeinden von der NBank als Datei zur Verfügung gestellt. Änderungen der Prognosewerte sind möglich; so sind im Berichtsjahr 2018/2019 höhere Wohnungsneubaubedarfe prognostiziert als im Berichtsjahr 2016/2017, was im Prozess der Erstellung des Gutachtens zur Siedlungsentwicklung ja bereits zu einer Anhebung der Flächenkontingente geführt hat. Höhere Prognosewerte sind auch zukünftig nicht ausgeschlossen, wenn auch angesichts sinkender Prognosen eher unwahrscheinlich erscheint, dass diese den in den Kontingenten enthaltenen Entwicklungspuffer von 30% überschreiten.
Zu Punkt 2
Für die Hansestadt Lüneburg prognostiziert die NBank einen Wohnungsneubaubedarf von 2017 bis 2025 von insgesamt 3.927 Wohneinheiten und von 2026 bis 2033 von weiteren 1.851 Wohneinheiten. Der durchschnittliche jährliche Wohnungsneubaubedarf liegt nach dieser Prognose damit bis 2025 bei 436 und zwischen 2026 und 2033 bei 231 Wohneinheiten pro Jahr (in den Folgejahren bis 2040 geht er weiter zurück auf 166 Wohneinheiten pro Jahr).
Nach den Daten des Landesamtes für Statistik (LSN) hat sich der Wohnungsbestand in der Hansestadt Lüneburg in den Jahren 2015 bis 2019 um durchschnittlich 374 Wohneinheiten pro Jahr erhöht. Die Statistik des LSN ist zum Teil lückenhaft und dürfte die Zahl der hinzugekommenen Wohneinheiten tendenziell unterschätzen. Dennoch konnte der durchschnittliche Wohnungsneubaubedarf nach NBank-Prognose in der Hansestadt in Höhe von 436 Wohneinheiten in den letzten Jahren demnach zu 86% gedeckt werden. Geht man davon aus, dass in der Hansestadt in Zukunft in ähnlichem Umfang wie bisher neue Wohneinheiten geschaffen werden können, reichen die Kontingente durch den bereits enthaltenen Aufschlag von 30% aus, um den Bedarf zu decken. Dies gilt selbst dann, wenn in den Samt- und Einheitsgemeinden Amt Neuhaus, Bleckede und Dahlenburg nicht die umfangreich bemessenen Kontingente umgesetzt werden, sondern nur der Bedarf gedeckt wird.
Zusammenführung von Punkt 1 und Punkt 2
In der Kombination aus erhöhten Prognosewerten (Punkt 1) und zu geringen Wohnungszuwächsen in der Hansestadt Lüneburg (Punkt 2) ist es jedoch denkbar, dass die vorgesehenen Kontingente trotz des bereits enthaltenen Aufschlages (30%) nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. Um dieser Problematik zu begegnen, wird folgendes Instrument vorgeschlagen:
Es erfolgt eine Überprüfung der Kontingente fünf Jahre nach Inkrafttreten des RROP. Wenn dabei festgestellt wird, dass die dann aktuell prognostizierten landkreisweiten Bedarfswerte für den nächsten 5-Jahreszeitraum (bis zum Ende des Planungshorizontes des RROP) mit den vorgesehenen Kontingenten nicht gedeckt werden können, erfolgt ein prozentualer Aufschlag auf die Kontingente.
Da die Kontingente als Flächenkontingente festgelegt werden, werden hier die ursprünglichen Berechnungsfaktoren in Wohneinheiten pro 1.000 EW herangezogen. Bei der Berechnung wird angenommen, dass in der Hansestadt Lüneburg die durchschnittliche Zahl der jährlich neu geschaffenen Wohnungen gegenüber dem ersten 5-Jahreszeitraum gleichbleibt. Dass durch die LSN-Statistik die Zahl der neu geschaffenen Wohneinheiten eher unterschätzt wird, führt eher zu erhöhten Kontingenten.
Der zusätzliche prozentuale Aufschlag würde sich im eintretenden Falle aus der Differenz aus dem für den Zeitraum prognostizierten Bedarf und den zu erwartenden Wohneinheiten geteilt durch die Summe der Kontingente errechnen.
Beispielrechnung:
- Bedarf: 3.500 Wohneinheiten (WE)
- zu erwartende Wohneinheiten in der Hansestadt Lüneburg: 1.200 WE
mögliche Wohneinheiten in den anderen Kommunen (gemäß den Kontingenten): 2.000 WE
- Defizit (Differenz): 3.500 – (1.200 + 2.000) = 300 WE
- Prozentualer Aufschlag: Defizit / mögliche Wohneinheiten in den anderen Kommunen = 300 WE / 2.000 WE = 0,15
Alle Kontingente werden um 15% erhöht.
Zu Punkt 3:
Die Unterbringung von geflüchteten Personen insbesondere ab dem Jahr 2015 hat die Kommunen im Landkreis vor große Herausforderungen gestellt. Hier mussten kurzfristig Lösungen für die Unterbringung einer großen Zahl an Personen gefunden werden. Ein solcher Bedarf für die kurzfristige Unterbringung von Flüchtlingen dürfte jedoch, sofern keine freien Kapazitäten in normalen Wohngebäuden zur Verfügung stehen, in der Regel durch Behelfswohnraum in Gemeinschaftsunterkünften oder ähnlichen Einrichtungen gedeckt werden. Diese Anlagen werden nach der Nutzung wieder aufgelöst und verfestigen sich nicht in der Siedlungsstruktur. Der Bedarf, der sich aus einem etwaigen langfristigen Verbleib von Geflüchteten im Landkreis ergibt, schlägt sich in den jeweils aktuellen Prognosen der NBank nieder und wird daher bereits in Punkt 1 berücksichtigt. Es wird daher seitens der Regionalplanung keine besondere Regelung für die Unterbringung von Flüchtlingen im Siedlungsstrukturkonzept für erforderlich gehalten.









