30.11.2023 - 1 Gedenkminute für die Opfer von Krieg und Gewalt
Grunddaten
- TOP:
- Ö 1
- Sitzung:
-
Sitzung des Kreistages
- Gremium:
- Kreistag
- Datum:
- Do., 30.11.2023
- Status:
- öffentlich (Protokoll genehmigt)
- Uhrzeit:
- 14:00
Wortprotokoll
Vorsitzende Mertz hält zu Beginn der Kreistagssitzung eine Gedenkminute für die Opfer von Krieg und Gewalt:
„Liebe Kreistagskolleginnen und -kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
im November denken wir traditionell an die Toten. Der Volkstrauertag lenkt den Blick auf die Opfer von Krieg und Gewalt – und hieran möchte ich heute gemeinsam mit Ihnen anknüpfen. Brauchen wir einen solchen stillen Feiertag? Noch vor zwei Jahren war diese Frage durchaus umstritten.
In diesem November toben zwei Kriege vor Europas Haustür, und die Antwort ergibt sich von selbst: Ja, wir brauchen diesen Feiertag. Wir müssen innehalten angesichts der schweren kriegerischen Konflikte, die unsere Welt und unsere Weltsicht erschüttern. Wir müssen auf Krieg, Gewalt und Terror reagieren und uns fragen, was wir für Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit tun können – hier bei uns im Landkreis Lüneburg, aber auch mit Blick auf die Opfer von Krieg und Gewalt weltweit.
Vor 21 Monaten, am 24. Februar 2022, hat Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Wir alle, jeder einzelne von uns – da bin ich mir sicher, war damals fassungslos. Seit nunmehr 644 Tagen wird die Ukraine angegriffen, beschossen und bombardiert – und verteidigt sich. Mehr als 6 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine haben sich seither in den Ländern Europas registriert, die meisten davon in Polen und Deutschland. Jede Einzelne, jeder Einzelne trägt einen schweren Bruch in seinem Leben mit sich, vermisst seine Heimat, seine Familie und Menschen aus dem Freundeskreis, aus der Nachbarschaft, aus der Schule oder Arbeit.
Vor beinahe acht Wochen hat der Nahostkonflikt eine neue Eskalationsstufe erreicht. Am 7. Oktober 2023 hat die radikalislamische Terrorgruppe Hamas vom Gazastreifen aus Israel mit Raketen beschossen. Dabei wurden fast 1.500 Menschen getötet und rund 3.000 verletzt und bestehende Traumata damit aufgerissen. Der Vergeltungsschlag Israels bringt rund 1 Million Menschen im Gaza-Streifen in große Not, die Versorgungslage ist dramatisch. Aktuell herrscht eine Feuerpause, Geiseln wurden ausgetauscht. Doch vom Frieden ist die Region weit entfernt.
Was in der Ukraine, in Israel und in vielen medial weniger beachteten Konflikten geschieht, geht uns alle an: Wir sind Europäerinnen und Europäer – und wir stehen für die grundlegenden Werte, die Menschenrechte und die Demokratie ein. Gewalt – ob im Krieg oder im Alltag – hinterlässt tiefe Spuren in den Menschen. Gewalt setzt sich über Generationen fort. Es ist unsere Aufgabe, diese Kette zu unterbrechen und uns aktiv für den Frieden einzusetzen.
Umso tiefer hat es mich und sicher viele von Ihnen und euch getroffen, dass hier bei uns, im Landkreis Lüneburg, die Flüchtlingsunterkunft in Wittorf durch Brandstiftung zerstört wurde. Wo Menschen Schutz vor Krieg und Gewalt finden sollten, haben offenbar Hass und Zerstörungswut zugeschlagen. Der Landkreis Lüneburg zeigt sich solidarisch mit der Samtgemeinde Bardowick. Die Menschen, die dort im Dezember einziehen sollten, erhalten eine andere Unterkunft.
Wie können wir solche Taten in Zukunft verhindern? Ich wünsche mir einen offenen Dialog, wenn Menschen in Sorge sind, weil in ihrer Nähe eine Flüchtlingsunterkunft entsteht. Und ich bin ganz sicher: Dieses offene Ohr und auch die passenden Lösungsansätze gibt es schon – in den Rathäusern genauso wie in der Kreisverwaltung.
Und ich wünsche mir Einfühlungsvermögen für die Menschen, die als Geflüchtete zu uns kommen und hier einen sicheren Hafen suchen. Denken wir an ihre Geschichten, an Gewalt, an Krieg, an schlimme Erlebnisse und schwierige Lebensverhältnisse, die ihnen unverschuldet wiederfahren sind. Nur deshalb haben sie sich auf den Weg gemacht und ihre Heimatländer verlassen – um hier Hoffnung zu finden.
Liebe Kreistagskolleginnen und -kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
jeden Tag sterben auf unserer Welt unschuldige Menschen und unendliches Leid bricht über Kinder, Frauen und Männer ein. Jedes einzelne Todesopfer ist eines zu viel. Jeder Mensch, der zu Hause nicht mehr sicher ist und sich für die Flucht entscheiden muss, ist einer zu viel.
Lassen Sie uns nun gemeinsam als Zeichen der Anteilnahme und Solidarität an die Opfer und Leidtragenden von Krieg und Gewalt erinnern. Stehen wir auf für ein gemeinsames Bekenntnis für Frieden und Freiheit.
Bitte erheben Sie sich für eine Gedenkminute.“