16.07.2007 - 11 Antrag der Grünen-Kreistagsfraktion vom 19.05.2...
Grunddaten
- Beschluss:
- geändert beschlossen
Wortprotokoll
Diskussionsverlauf:
KTA Brunke-Reubold gibt bekannt, dass sich die
Grüne-Kreistagsfraktion dem Änderungsantrag des Kreistagsabgeordneten Kamp
anschließe und ihren Antrag zurückziehe.
Sie berichtet, dass es sich bei dem geplanten Projekt um eine
Großanlage handele. Diese sei mit erheblichen Lärm-, Verkehr-, Geruchs- und
Feinstaubbelästigungen für die Bürgerinnen und Bürger der umliegenden Gemeinden
verbunden. Bei den Gemeinden handele es sich um Zuzugsgebiete, deren
Schwerpunkt in den Bereichen Wohnen und Erholung liegen würde. Die Samtgemeinde
Ilmenau selbst liege im Naturpark Lüneburger Heide und bezeichne sich als
Urlaubsregion.
Sie führt weiter an, dass die von den Gemeinden beschlossenen
Veränderungssperren deutlich deren Ablehnung zeigen würden. Sie bittet dieses
zu unterstützen.
KTA Kamp begründet seinen Antrag und appelliert an
alle politisch Verantwortlichen in der Region sich gegen diese Anlagen
auszusprechen.
Er betont, dass er grundsätzlich nicht gegen Bioethanolanlagen
und Ersatzbrennstoffkraftwerke sei. Er wehre sich jedoch gegen die Kombination
am Standort Embsen.
Gleichzeitig sollte der Kreistag aber nicht in die
Eigenständigkeit der Verwaltung eingreifen.
KTA Blume teilt mit, dass sich seine Fraktion einer
Resolution zum jetzigen Zeitpunkt nicht anschließen werde. Die vorliegenden
Anträge würden letztlich auf eine Vorverurteilung des in Embsen geplanten
Vorhabens hinauslaufen. Er berichtet, dass bis heute nicht konkret bekannt sei,
was beantragt werden solle und welche Auswirkungen dieses Vorhaben haben werde.
Er gibt zu Bedenken, dass das Vorhaben eines förmlichen
Genehmigungsverfahrens bedürfe. In diesem Zusammenhang müsse eine umfassende
Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen. Eine Genehmigung werde nur dann
erteilt, wenn unter Beachtung strenger Standards gewährleistet sei, dass die
Anlage Mensch und Umwelt in keinster Weise beeinträchtige. Denjenigen, die sich
durch die Genehmigung in ihren Rechten beeinträchtigt fühlen würden, stehe der
Rechtsweg offen.
KTA Blume sagt weiter, dass der Kreistag Organ des Landkreises,
einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sei und als solcher – wie der
Landkreis selbst – an Recht und Gesetz gebunden sei. Nach seiner
Auffassung setze dies voraus, dass sich der Kreistag neutral verhalte und
Distanz bewahre und nicht Vorhaben, deren Inhalt noch gar nicht feststehen
würden und deren Auswirkungen noch gar nicht beurteilt werden könnten, ablehnt.
Der Landkreis selbst sei in den Bereichen Bau-, Naturschutz- und Wasserrecht an
der Prüfung der Anlage beteiligt.
Er betont, dass der Kreistag als Vertreter des Landeskreises
selbstverständlich eine Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger habe. Nach
Auffassung seiner Fraktion komme man dieser Verantwortung jedoch am Ehesten
nach, wenn der Anspruch aller – und dazu gehöre auch der Vorhabenträger
– auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren respektiert und niemand
vorverurteilt werde.
KTA Dr. Scharf gibt zu, sich als Mitglied des Kreistages
und des Stadtrates in einer Konfliktsituation zu befinden. Daher werde er sein
Abstimmungsverhalten persönlich, aber auch sachlich begründen wollen. Er sei
weder gegen Müllverbrennungs- noch gegen Bioethanolanlagen. Entscheidend sei
jedoch der Standort. Die hier geplante Anlage bewege die Bürgerinnen und Bürger
der betroffenen Gemeinden wie auch der Stadt Lüneburg seit ca. 2 Jahren.
Er berichtet, dass zwei Industrieanlagen auf dem
Industriegebiet der Samtgemeinde Ilmenau errichtet werden sollen. Zum Einen ein
Heizkraftwerk mit Ersatzbrennstoffen in Melbeck, zum Anderen eine
Bioethanolanlage in Embsen. Beide Gemeinden seien zuständig für die Aufstellung
der Bebauungspläne, die Samtgemeinde für den Flächennutzungsplan. Zuständig für
die Genehmigung sei das Gewerbeaufsichtsamt. Der Kreistag sei nach seiner
Auffassung für eine politische Bewertung der Anlagen zuständig.
KTA Dr. Scharf führt zu der Historie an, dass es bereits Anfang
2006 eine Anfrage des Investors gegeben habe, ein Ersatzbrennstoffkraftwerk in
Melbeck zu errichten. Ende 2006 habe die Lüneburger Landeszeitung berichtet,
dass in Embsen beabsichtigt sei, eine Bioethanolanlage zu errichten.
Bekanntermaßen sei hierfür viel Wärme erforderlich. Diese könne durch Getreide,
Müll oder Gas hergestellt werden. Der Rat der Stadt Lüneburg habe im Dezember
2006 der Verwaltung den Auftrag gegeben, Informationen über die möglichen
Betreiber einzuholen. Diese hätten es abgelehnt, im Fachausschuss öffentlich
Stellung zu nehmen.
Anfang Juni 2007 sei in der Lüneburger Landeszeitung zu lesen
gewesen, dass beim Gewerbeaufsichtsamt ein Antrag für ein
Ersatzbrennstoffkraftwerk gestellt worden sei.
Er berichtet weiter, dass die beantragende Firma sich nicht nur
mit Verbrennungs- und Heizanlagen, sondern auch weltweit mit
Wasseraufbereitungsanlagen, Abfallentsorgung etc. befasse.
Hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens verdeutlicht KTA Dr.
Scharf, dass diese auf Grundlage des Bundesimmissionschutzgesetzes erfolge.
Dazu gehöre auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Beteiligung der
Öffentlichkeit sei unverzichtbar.
KTA Dr. Scharf erklärt, dass er die Betroffenheit der Menschen
in den Wohngebieten Melbeck, Embsen, Oedeme und Häcklingen nachvollziehen
könne. Ihre Angst könne nur dann abgebaut werden, wenn sie wissen würden, was
auf sie zukomme. Er werde sich deshalb der Stimme enthalten.
KTA Koch berichtet, dass Investoren beabsichtigen
würden ein Ersatzbrennstoffkraftwerk und eine Bioethanolanlage in Melbeck bzw.
Embsen zu errichten. Davon wären die Stadt Lüneburg mit ihren Ortsteilen
Rettmer, Häcklingen und die Gemeinde Deutsch Evern mit ihren Baugebieten sehr
betroffen. Die Gemeinden Melbeck und Embsen hätten bereits eine
Veränderungssperre für das Industriegebiet erlassen und würden beabsichtigen
den Bau der Anlagen zu verhindern, um gemäßigte Betriebe in dem Industriegebiet
anzusiedeln. Er bittet der Resolution zuzustimmen.
KTA Venderbosch sagt, seine Fraktion befürworte die
Resolution. Für ihn stehe das Wohl der Allgemeinheit über den Profitinteressen
eines Unternehmens.
KTA Stilke berichtet von einer Anhörung in
Dahlenburg. Dort habe er dem dortigem Betreiber vorrechnen können, dass dessen
Filteranlage nicht ausreiche. Der Rechtsanwalt des Betreibers habe letztlich
verstanden, warum die Bevölkerung in Dahlenburg gegen den Bau der Anlage
gewesen sei und habe seinen Mandaten entsprechend beraten.
Hier gehe es nun um die Frage, welcher Müll verbrannt werde.
Grundsätzlich müsse zunächst Müll vermieden werden. Nicht vermeidbarer Müll
müsse recycelt werden. Sei dieses nicht möglich, müsse der Müll
umweltfreundlich beseitigt werden. Dies könne möglicherweise auch in einer
Müllverbrennungsanlage erfolgen. Fraglich sei allerdings, um was für einen Müll
es sich hierbei handele. Für besonders kritischen Müll mit hohem Schadstoffgehalt
werde eine sehr gute Filteranlage benötigt.
KTA Stilke bittet im Interesse der Bevölkerung der Resolution
zuzustimmen.
KTA Röckseisen teilt mit, dass ihre Fraktion der
Resolution heute nicht zustimmen könne. Zum jetzigen Zeitpunkt könne nur der
Landrat und die Verwaltung gebeten werden, den Kreistag und die Bevölkerung
zeitnah mit Informationen zu versorgen. Den zuständigen Fachgremien solle das
notwendige Vertrauen entgegengebracht werden.
Weiter betont sie, dass sich ihre Fraktion nicht nur gegen
einen Mülltourismus ins Ausland, sondern auch innerhalb Deutschlands
ausspreche.
KTA Dörbaum vertritt die Auffassung, dass die Politik
heute gefordert sei, eine Aussage – unabhängig von dem
Genehmigungsverfahren – zu machen. Richtig sei, dass das
Genehmigungsverfahren nicht beim Landkreis Lüneburg, sondern beim
Gewerbeaufsichtsamt sowie anderen Behörden und Institutionen angesiedelt sei.
Gleichwohl müsse bei einer solchen Anlage, die mit einem Risiko für alle
Bürgerinnen und Bürger im Landkreis und der Stadt Lüneburg verbunden sei,
richtig sein, dass der Kreistag eine politische Aussage mache.
Er verdeutlicht, dass der Investor bisher seiner
Informationspflicht nicht nachgekommen sei bzw. teilweise unterschiedliche
Angaben, z.B. über die Sicherheitsanlagen mache.
KTA Dörbaum betont, dass es nicht darum gehe Investitionen in
der Region Lüneburg zu verhindern. Allerdings müssten diese sorgfältig geprüft
werden. Er halte die Anlage an der vorgesehenen Stelle für nicht richtig.
KTA Dr. Bonin sagt, dass politische Äußerungen
notwendig seien, um deutlich zu machen, dass der Kreistag auf den Prozess
einwirken wolle. Er müsse jedoch auch deutlich machen, dass er innerhalb der
Süderelbe AG durchaus Industrieansiedlungen wolle. Jedoch nur mit Investoren,
die glaubwürdig machen, dass sie auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit Wert
legen und die wirklichen Risiken begrenzen wollen.
KTA Blume betont, dass der Kreistag die notwendige
Distanz zu allen Beteiligten wahren müsse. Es gelte ein ordnungsgemäßes
Verfahren, welches zu einer Genehmigung oder Nichtgenehmigung führe, zu
durchlaufen und nicht von vornherein ein Vorhaben abzulehnen, dass der
Landkreis Lüneburg noch gar nicht kenne.
KTA Meißner sagt, die Resolution solle den
betroffenen Gemeinden den Rücken stärken und ihnen das Gefühl geben, nicht
alleine dazustehen. Es gehe darum, keine Industriezweige zuzulassen, von denen
möglicherweise gesundheits- und umweltgefährdende Gefahren in größerem Maße
ausgehen könnten. Mit der Resolution solle ein Signal nach außen gesetzt
werden, damit die Investoren bemerken, dass auf allen politischen Ebenen
Widerstand herrsche.
KTA Peters merkt zur Geschäftsordnung an, dass alle
wesentlichen Argumente ausgetauscht seien. Er stellt den Antrag auf Schließung
der Rednerliste.
Vors. Fricke teilt mit, dass noch zwei Wortmeldungen
vorliegen. Dem Antrag auf Schließung der Rednerliste wird einstimmig
zugestimmt.
KTA Berisha erwartet zunächst umfassende
Informationen. Daher werde er gegen die Resolution stimmen.
KTA Althusmann macht deutlich, dass die
CDU/Unabhängige-Fraktion durchaus den Weg der erneuerbaren Energien bestreiten
wolle und für mehr Bioethanolanlagen in Deutschland plädiere. Die Frage, wie
diese letztlich mit Energie versorgt würden, ob durch Müllverbrennung oder
andere Alternativen, sei eine Detailfrage, die durch die Verwaltung zu klären
sei. Diese habe sich an Recht und Gesetz zu halten. Politik könne nicht mit
Resolutionen, sondern nur mit klaren Beschlüssen gemacht werden.
KTA Althusmann bittet LR Nahrstedt um Mitteilung, welche
rechtliche Beurteilung die Verwaltung zu der Bioethanolanlage einnehme und ob
sie bereits konkrete Hinweise darauf habe, dass man sich nicht an Recht und
Gesetz halten werde.
LR Nahrstedt führt aus, dass die Zuständigkeit bei den
Gemeinden Melbeck und Embsen liege. Beide hätten deutlich gemacht, dass sie die
Gewerbeflächen positiv verändern wollen. Unterstützung würden sie von der
Samtgemeinde Ilmenau erhalten.
Der Landkreis Lüneburg werde erst in Wasser- und
Abwasserfragen, Baurecht, Brandschutzfragen etc. beteiligt und dann Stellung
nehmen. Er achte die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden und sehe sich
außerstande, heute Stellung zu nehmen. Die Verwaltung des Landkreises Lüneburg
werde sich neutral verhalten und zu gegebener Zeit tätig werden. Davon
unberührt bleibe seine ganz persönliche Auffassung, die aber unerheblich sie
für das verwaltungsseitige Anhörungsverfahren.
Vors. Fricke stellt fest, dass der Antrag der
Grünen-Kreistagsfraktion zurückgezogen worden sei und lässt über den Antrag des
KTA Kamp abstimmen.
-61-
Beschluss
Beschluss:
„1. Der
Kreistag Lüneburg wendet sich gegen Pläne, im Industriebgebiet
‚Lüneburg-Süd Embsen’ eine Bioethanol-Anlage und ein mit
Ersatzbrennstoffen betriebenes Heizkraftwerk zu errichten.
2. Wir
wollen nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Lüneburg durch
die Anlagen belastet werden und fordern alle politisch Verantwortlichem im Kreis
und in der Region auf, sich gegen den Bau der Anlagen auszusprechen.