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Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - 2011/285

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

 

 

 

Beschlussvorschlag:

Der Wahleinspruch wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

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Sachverhalt

 

 

 

Sachlage:

Die Durchführung des Wahlprüfungsverfahren richtet sich nach §§ 46 – 49 Niedersächsisches Kommunalwahlgesetz (NKWG). Wird die Wahl in diesem Verfahren für ungültig erklärt, so ist sie gem. § 42 NKWG und § 71 Niedersächsische Kommunalwahlordnung (NKWO) in dem betreffenden Umfang zu wiederholen.

 

In diesem Fall wird der Kreistag als Wahlprüfungsorgan tätig. Damit entfällt die sonst übliche Vorbereitung durch den Kreisausschuss.

 

Der Wahleinspruch ist zulässig, da er

 

  • bei der zuständigen Wahlleitung
  • schriftlich
  • innerhalb von 2 Wochen nach der Bekanntmachung
  • mit einer Begründung

 

eingereicht wurde. Als weitere formelle Voraussetzungen für die Entscheidung über den Wahleinspruch müssen beachtet werden:

 

  • Zuständig ist die Vertretung, in diesem Fall der Kreistag.

 

  • Er verhandelt und beschließt in öffentlicher Sitzung.

 

  • Auf Antrag sind die Beteiligten in der Verhandlung zu hören.

 

Beteiligte sind

 

1.    die Wahlleitung,

 

2.    die Personen, die den Wahleinspruch erhoben haben, und

 

3.    die Personen, gegen deren Wahl der Wahleinspruch unmittelbar gerichtet ist.

 

Ein beteiligter Abgeordneter darf an der Beschlussfassung nicht teilnehmen. Herr Hublitz ist nicht Beteiligter in diesem Sinne, da sich der Wahleinspruch nicht gegen seine Wahl an sich richtet, sondern lgegen sein Verhalten vor der Wahl.

 

Der Wahleinspruch richtet sich gegen die Gültigkeit der Kreiswahl im Wahlbereich 7 (Stadt Bleckede, Gemeinde Amt Neuhaus, Samtgemeinde Dahlenburg). Er wäre begründet, wenn

 

  • die Wahl nicht entsprechend dem NKWG oder der NKWO vorbereitet oder durchgeführt oder das Ergebnis in unzulässiger Weise beeinflusst wurde und

 

  • bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre.

 

Der Wahleinspruch und die Stellungnahme von Herrn Hublitz sind dieser Vorlage beigefügt. Nachstehend werden die einzelnen Gründe noch einmal zusammengefasst.

 

1.    Bürgermeister Hublitz war gleichzeitig Gemeindewahlleiter und Bewerber für einen Sitz im Kreistag. Das ist gem. § 9 Abs. 3 NKWG unzulässig.
Gem. § 13 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 NKWO ist u. a. das Amt des Wahlleiters neu zu besetzen, wenn er als Wahlbewerber vorgeschlagen wird, auch wenn beide Rollen unterschiedliche Wahlarten betreffen.
 

2.    Herrn Hublitz wird vorgehalten, dass er sein Amt als Bürgermeister zum eigenen Vorteil beim Wahlkampf ausgenutzt habe. Das ergebe sich aus folgenden Umständen:

 

2.1.       Äußerungen und Verhalten anlässlich des Ortsvorsteherstammtisches am 22.08.2011,
 

2.2.       Verteilung (bzw. Nicht-Verteilung) von Wahlkampf-Flyern,
 

2.3.       Wahlkampf von Herrn Hublitz,
 

2.4.       Aushang eines Wahlkampf-Flyers im Bekanntmachungskasten der Gemeinde.

 

Anlässlich eines Gesprächs am 31.10.2011 bekräftigten und vertieften die Einspruchsführer ihre Vorwürfe und ergänzten noch folgende Punkte:

 

  • Herr Hublitz habe bewusst die Funktion als Gemeindewahlleiter angestrebt, um Einfluss auf die Kreiswahl zu nehmen. Die Vorschrift des § 13 Satz 2 NKWO sei ihm bekannt gewesen.

 

  • Die einzelnen Vorwürfe sollten bei der Prüfung und Bewertung des Wahleinspruchs nicht getrennt betrachtet werden. Alles habe mit der Funktion als Bürgermeister zu tun, die er massiv für den Wahlkampf genutzt habe. Nur eine Gesamtschau würde im Ergebnis dazu führen, dass die Wahl zu Recht angefochten werde.

 

  • Für die Verteilung der Flyer habe Herr Hublitz darauf hingewirkt, dass er dieses als Bürgermeister über die Ortsvorsteher veranlassen würde, weil es immer so gewesen sei. Nur aus diesem Grunde seien ihm die Flyer überlassen worden, die dann gar nicht oder mit erheblicher Verspätung verteilt wurden.

 

  • Für eine erfolgreiche Wahlanfechtung sei es ausreichend, dass man mit absoluter Sicherheit ein anderes Ergebnis ausschließen könne.

 

Nachstehend sollen die einzelnen Vorwürfe betrachtet werden.

 

zu 1.             Die Wahlvorschläge der CDU wurden der Kreiswahlleitung am 08.07.2011 vorgelegt. Eine neue Gemeindewahlleiterin hat der Rat der Gemeinde Amt Neuhaus am 30.08.2011 berufen. Sicherlich stand schon wesentlich vor der Abgabe der Wahlvorschläge fest, dass Herr Hublitz als Bewerber für die Kreiswahl antritt.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob Herrn Hublitz die betreffenden Vorschriften unbekannt waren oder ob er bewusst das Zusammentreffen beider Funktionen herbei geführt hat. Auf ein etwaiges Verschulden oder auf eine Bösgläubigkeit kommt es in diesem Fall nicht an. Einen Einfluss auf die Vorbereitung und das Ergebnis der Kreiswahl hat diese Verletzung der Vorschriften nicht gehabt. Hierfür sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich. Auch von den Einspruchsführern wird nicht vorgetragen, wie Herr Hublitz in der Funktion als Gemeindewahlleiter Einfluss auf die Wahlvorschläge, die Wahlorgane oder das Wahlergebnis der Kreiswahl genommen hat.

 

zu 2.             Die Verletzung der Neutralitätspflicht kann nach der Rechtsprechung des
OVG Lüneburg (Urteil vom 26.03.2008; Az. 10 LC 203/07) zu einer unzulässigen Wahlbeeinflussung führen. Der Schutz des Wahlrechts erfordert bei kommunalen Wahlen von allen mit der Durchführung der Wahlen betrauten Behörden, aber auch von anderen Organen der Kommunalverwaltung eine strikte Neutralität während des gesamten Wahlverfahrens. Denn nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der freien Wahl muss der Wähler in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung ohne jede unzulässige Beeinflussung von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite zu seiner Wahlentscheidung gelangen können. Lediglich Wahlen, die ohne Verstoß gegen das Gebot strikter staatlicher und gemeindlicher Neutralität und ohne Verletzung der Integrität der Willenbildung des Volkes und der Wahlbürger erfolgt sind, können demokratische Legitimation verleihen.

Andererseits ist es unter der Geltung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung nicht ausgeschlossen, dass sich staatliche und kommunale Amtsträger nicht nur als Wähler an der Wahl beteiligen, sondern sich in ihrer Eigenschaft als Bürger im Wahlkampf äußern und von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen. Sie dürfen sich folglich aktiv am Wahlkampf mit Auftritten, Anzeigen oder Wahlaufrufen beteiligen. Dieses Recht findet allerdings seine Grenze in der oben dargelegten Neutralitätspflicht, im Kommunalwahlkampf nicht in amtlicher Eigenschaft Wahlempfehlungen zugunsten einer Partei oder eines Wahlbewerbers abzugeben.

Es muss also festgestellt werden, ob sich der betreffende Amtsinhaber in einem Wahlkampf in amtlicher Funktion oder nur als Privatperson oder Parteimitglied geäußert hat. Eine amtliche Äußerung liegt regelmäßig dann vor, wenn sie ausdrücklich in einer amtlichen Eigenschaft abgegeben worden ist oder wenn sich aus anderen Umständen ergibt, dass die Äußerung im Wahlkampf amtlichen Charakter hat. Schließlich ergibt sich ein amtlicher Charakter einer Äußerung auch aus ihrem Inhalt, insbesondere dann, wenn amtliche Autorität oder eine durch das Amt erworbene Beurteilungskompetenz in Anspruch genommen werden, um einer Wahlaussage oder -empfehlung Nachdruck zu verleihen.
 

zu 2.1.       Die Einspruchsführer werfen Herrn Hublitz vor, dass er sich beim Ortsvorsteherstammtisch dahingehend geäußert habe, dass sie nicht mehr Mitglieder der CDU seien und er somit der einzige Neuhauser CDU-Kandidat für den Kreistag sei. Daher seien die bereits gedruckten Flyer ungültig und würden vernichtet werden. Stimmen für die Einspruchsführer wären somit ungültig und verloren.

Herr Hublitz hat darauf erwidert, dass er sich lediglich auf Nachfrage einiger Ortsvorsteher zu dem Parteiausschlussverfahren der Einspruchsführer geäußert habe. Über Stimmen der Ortsvorsteher würde er sich freuen. Er habe nie gesagt, dass die Einspruchsführer nicht gewählt werden können.

Der genaue Wortlaut der Gespräche lässt sich nicht mehr rekapitulieren, zumal die Einspruchsführer bei dieser Veranstaltung nicht anwesend waren. Es bestehen zumindest Anhaltspunkte dafür, dass Herr Hublitz gegen sein Neutralitätsgebot als Bürgermeister verstoßen haben könnte.

 

zu 2.2.       Die Einspruchsführer geben an, dass Herr Hublitz veranlasst habe, Wahlkampf-Flyer nicht mehr zu verteilen. Ergänzend dazu wurde mündlich vorgetragen, dass Herr Hublitz die Flyer in seinem Büro entgegen genommen habe mit der Aussage, diese über die Ortsvorsteher zu verteilen, weil das schon immer so gemacht worden sei.

Herr Hublitz erklärt dazu, dass die Geschäftsstelle der CDU die Verteilung wegen des Ruhens der Mitgliedschaft der Einspruchsführer gestoppt habe. Eine Verteilung sei dann später aber noch erfolgt.

Es ist nur schwer nachzuvollziehen, welche Stationen die Flyer durchlaufen haben und ob sie dann doch noch – mit oder ohne Einlegeblatt – verteilt wurden. Der Sachverhalt ist streitig. Wenn die Verteilung aus innerparteilichen Gründen behindert wird, liegen keine Gründe für einen erfolgreichen Wahleinspruch vor. Ansonsten müsste auch der Diebstahl oder die Beschädigung von Wahlplakaten eine unzulässige Beeinflussung der Wähler sein. Die Aussagen im Büro von Herrn Hublitz können nur schwer nachvollzogen werden. Es lässt sich sicherlich nicht ganz vermeiden, dass auch mal im Büro eines Bürgermeisters über die Wahl und den Wahlkampf gesprochen wird. Die Neutralitätspflicht gebietet es, auch hier größtmögliche Zurückhaltung zu walten zu lassen. Es wird jedoch für ausgeschlossen gehalten, wenn über die Verteilung von Wahlkampf-Flyern gesprochen wird, dass die Funktion des Bürgermeisters dabei eine Rolle gespielt hat. Das gilt auch dann, wenn auf ein angebliches Verteilernetzwerk der Ortsvorsteher verwiesen wird.

 

zu 2.3.       Die Einspruchsführer beanstanden außerdem, dass Herr Hublitz eigene Wahlwerbung gemacht habe.
Herr Hublitz ist der Auffassung, dass er als Kandidat für den Kreistag berechtigt sei, Werbung für sich zu betreiben.

Gegen die Wahlwerbung von Herrn Hublitz bestehen keine Bedenken. Ein Amtsträger kann sich als Kandidat an der Wahl in gleichem Umfang und mit gleichen Mitteln beteiligen wie andere Bewerber, die diese amtliche Eigenschaft und die damit verbundenen Möglichkeiten nicht besitzen.

 

zu 2.4.       Die Einspruchsführer beanstanden, dass im Ortsteil Kaarßen ein Wahlkampf-Flyer des Herrn Hublitz im Kasten für amtliche Bekanntmachungen ausgehängt wurde.

Herr Hublitz erklärt, dass der Aushang von ihm weder veranlasst wurde noch gewollt war. Die Entfernung sei schnellstmöglich erfolgt.

Nach weiteren Recherchen kann die vorsichtige Aussage getroffen werden, dass der Flyer vermutlich vom 19. – 22.08.2011 ausgehängt war. Hier liegt offenbar ein Versehen vor. Zu einer maßgeblichen Beeinflussung des Wahlergebnisses dürfte dieser Vorfall nicht geführt haben.
 

Demnach verbleibt als einzige mögliche Rechtsverletzung der Verstoß gegen das Neutralitätsgebot anlässlich des Ortsvorsteherstammtisches (siehe Nr. 2.1). Dieser Vorwurf lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei beweisen. Selbst wenn weitere Ermittlungen angestellt werden, erscheint es aussichtslos, den genauen Grad der Wählerbeeinflussung festzustellen. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, wenn die Vorwürfe zwar stimmen, jedoch ohne die Beeinflussung der Wähler eine andere Sitzverteilung unwahrscheinlich gewesen wäre.

Herr Hublitz ist über die Liste an den Kreistag eingezogen (Listenplatz 3). Herr Elvers belegte die 6. und Herr Knebusch die 9. Position auf der Liste. Die Aussicht über die Liste ein Mandat zu erringen, war für die Einspruchsführer von vornherein gering. Diese Möglichkeit wird im Wahleinspruch auch ohne die behauptete Beeinflussung nicht erwähnt.

Jedoch geben die Einspruchsführer an, ohne die geltend gemachten Verstöße eine Chance gehabt zu haben, über die Personenwahl in den Kreistag einzuziehen. Herr Elvers hat 977 und Herr Knebusch 861 Stimmen erhalten. Für ein Direktmandat hätten sie mindestens 1.343 Stimmen benötigt. Diese Anzahl wurde für Jan Waldau, der das 2. Direktmandat erhalten hat, abgegeben. Demnach fehlten Herrn Elvers 366 und Herrn Knebusch 482 Stimmen für den Einzug in den Kreistag. Herr Elvers hätte also mehr als ein Drittel und Herr Knebusch sogar mehr als die Hälfte der erzielten Stimmenanzahl benötigt. Selbst wenn Herr Hublitz beim Ortsvorsteherstammtisch massiv für sich und gegen die Einspruchsführer Wahlkampf betrieben hätte, scheint es ausgeschlossen, dass dies ursächlich für die Nichterreichung der notwendigen Stimmenzahl war. Auch wenn man alle sonstigen Vorwürfe zweifelsfrei nachweisen könnte, würde die hohe Stimmendifferenz dazu führen, dass sich keine andere Sitzverteilung errechnet. Daher erübrigen sich auch weitere Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts. Die Einspruchsführer können von der Kreiswahlleitung nicht verlangen, dass der Nachweis erbracht wird, dass das Verhalten von Herrn Hublitz für ein anderes Wahlergebnis ausschlaggebend war. Ein solcher Nachweis wäre nicht zu führen, weil die Gründe für ein Wählerverhalten nicht zu ermitteln seien. Es muss also nach allgemeiner Lebenserfahrung entschieden werden, ob der Verstoß für das Wahlergebnis von entscheidender Bedeutung gewesen sein könnte. Das wird seitens der Kreiswahlleitung für ausgeschlossen gehalten.

 

Die Kreiswahlleitung schlägt daher vor, den Wahleinspruch als unbegründet zurückzuweisen

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Anlagen

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21.11.2011 - Kreistag - ungeändert beschlossen

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