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Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.
ALLRIS - Vorlage

Antrag an den Kreistag - 2007/119

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Die Grüne-Kreistagsfraktion und die Fraktion Die Linke beantragen, folgende Resolution durch den Kreistag zu beschließen:

„Die Ausgabe der Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Wertgutscheinen stellt eine für die Betroffenen diskriminierende und bevormundende Praxis dar.

1.  Der Kreistag Lüneburg lehnt das Gutscheinsystem für Flüchtlinge ab und setzt sich aktiv für die Wiedereinführung der Bargeldausgabe ein.

2.  Die Verwaltung wird beauftragt, sich bei der Landesregierung sowie beim Deutschen Landkreistag (DLT) und beim Niedersächsischen Landkreistag (NLT) für die Rücknahme der Erlasse des Innenministeriums vom 28.07.1997 und 31.07.1997 einzusetzen, damit die Wertgutscheine grundsätzlich abgeschafft werden können.

3.  Darüber hinaus wird die Verwaltung beauftragt, den juristischen Stellenwert der Erlasse des Innenministeriums vom 28.07.97 und 31.07.97 bzgl. der Ausgabe von Bargeld an Flüchtlinge zu prüfen und dem Landkreis Lüneburg über die rechtliche Bindung der Weisung, Wertgutscheine auszugeben, Bericht zu erstatten und ggf. Klagemöglichkeiten aufzuzeigen.

4.  Unabhängig davon wird die Verwaltung beauftragt, eine Regelung zu treffen, die es den Flüchtlingen ermöglicht, sich bei ihren Einkäufen mit Wertgutscheinen von Dritten vertreten zu lassen.

5.  Die unterstützenden Fraktionen im Kreistag Lüneburg erklären, dass sie sich in ihren Parteien landesweit für die Unterstützung der „Resolution zur Abschaffung des Gutscheinsystems“ einsetzen.“

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Sachverhalt

Sachlage:

 

Begründung der Grünen-Kreistagsfraktion sowie der Fraktion Die Linke zum Antrag vom 25.04.2007:

„Die Gutscheinregelung ist diskriminierend. Sie bedeutet für die Betroffenen Bevormundung, Demütigung und Stigmatisierung. In einem Europa, das immer weiter zusammenwachsen soll, ist es in einem sozialen Rechtssystem und im weltoffenen Landkreis Lüneburg nicht hinnehmbar, dass Menschen, die in ihren Herkunftsländern verfolgt werden, hier einer weiteren Diskriminierung unterliegen. Immer wieder berichten Flüchtlinge von offenen Anfeindungen und ausländerfeindlichen Bemerkungen beim Einkauf mit Wertgutscheinen.

 

Für Flüchtlinge ist es nicht möglich, mit den 40 Euro, die ihnen monatlich in Bargeld zur Verfügung stehen, ihren sonstigen Lebensbedarf zu decken, denn neben Energie und Telefonrechnungen müssen zum Beispiel Fahrkarten und Ausgaben für die Schule bar beglichen werden. Auch die für das Asylverfahren und die Sicherung des Aufenthaltes von Migrantinnen und Migranten unverzichtbare Inanspruchnahme einer Rechtsberatung kann nicht mit Gutscheinen bezahlt werden.

 

Strittig ist auch immer wieder, welche Artikel mit Gutscheinen gekauft werden dürfen, beispielsweise welche Hygieneartikel oder Verhütungsmittel. Die Kassiererinnen und Kassierer entscheiden nicht selten willkürlich und setzen die Anweisung auf dem Gutschein restriktiv um. Oft gibt es Ärger mit der Herausgabe von Wechselgeld. Für die Betroffenen ist der Einkauf deshalb eine deklassierende und erniedrigende Erfahrung.

 

Die Gutscheinregelung bereitet dem Landkreis Mehrkosten durch einen gegenüber der Bargeldausgabe deutlich größeren Verwaltungsaufwand. Es entstehen insbesondere Kosten für den Entwurf und den Druck der Wertgutscheine sowie bei der Abrechnung mit den Einzelhändlern. Das Gutscheinsystem stellt zudem einen Eingriff in die Geschäftsfreiheit des Einzelhandels dar. Auch für sie entsteht ein erheblicher Verwaltungsaufwand, verspäteter Geldeingang sowie die Verpflichtung, die Einkaufenden zu kontrollieren. Die Einzelhändler müssen die Waren ihrer Kunden überprüfen, dürfen nur bestimmte Dinge gegen Gutscheine abgeben und maximal 10% Wechselgeld aushändigen. Ebenfalls problematisch ist es, die allgemein üblichen Regelungen des Warenumtauschs denjenigen Kunden zu ermöglichen, die mit Gutscheinen bezahlt haben.

 

Die Rücknahme der genannten Erlasse würde die Abschaffung des Gutscheinsystems im Landkreis Lüneburg und allen anderen Niedersächsischen Kommunen vereinfachen, da ihnen sodann die Entscheidung obliegen würde, Leistungen nach dem AsylbLG in Bargeld zu gewähren. Alle Nachbarländer Niedersachsens verzichten inzwischen auf ähnliche Weisungen in Kommunen – in Hessen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern wird flächendeckend Bargeld ausgegeben.

 

In Niedersachsen hat der Stadtrat Göttingen in seiner Sitzung am 09.02.2007 ebenfalls einen entsprechenden interfraktionellen Antrag mehrheitlich verabschiedet. Neben der Stadt Göttingen hat der Rat der Stadt Oldenburg bereits im Herbst einstimmig die Abschaffung der Wertgutscheine zugunsten der Wiedereinführung von Bargeld gefordert.

 

Es ist zudem absurd, wenn Kommunen immer wieder von ihren Aufsichtsbehörden zu Einsparmaßnahmen verpflichtet, aber gleichzeitig durch derartige Vorgaben zu leicht vermeidbaren Ausgaben gezwungen werden. Diese Kosten können eingespart und beispielsweise für dringende Integrationsmaßnahmen eingesetzt werden.

 

Gemäß den genannten Erlassen sollen Leistungen nach dem AsylbLG in Niedersachsen vorrangig in Wertgutscheinen ausgegeben werden. Es ist zu prüfen, ob und wenn ja auf welcher rechtlichen Grundlage es für den Landkreis Lüneburg – wenn auch nachrangig – so aber doch möglich ist, Bargeld statt Gutscheine auszugeben.

 

Da es sich bei den fraglichen Erlassen zudem um knapp zehn Jahre alte Beschlüsse handelt, muss untersucht werden, inwieweit die Gründe, die damals zu den Erlassen geführt haben, heute in gleicher Weise bestehen. Dabei sind sowohl die Erfahrungen zu berücksichtigen, die in der Zwischenzeit mit dem Gutscheinsystem gemacht wurden, als auch die Beweggründe zahlreicher anderer Bundesländer und Kommunen, die dort zur Wiedereinführung von Bargeldzahlungen geführt haben.

 

Die weitere Begründung erfolgt mündlich.“

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21.05.2007 - Kreistag - geändert beschlossen

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